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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde.
zu haben. 1 ) Der antike Geschmack unterschied sich von dem unsrigen;
der Diamant tritt sehr zurück, 2 ) auch die eigentlichen Edelsteine (pierres
fines) wie Rubin, Saphir und Smaragd sind seltener als bei uns. Doch
gilt der Saphir für den schönsten Edelstein 3 )
Litteratur: Tm allgemeinen Karl Emil Kluge, Handbuch der Edelsteinkunde,
Lpg. 1860; speziell F. Corsi, delle pietre antiche, 2. Aull. Rom 1888; J. H. Krause, Pyrgo-
teles oder die edlen Steine der Alten, Halle 1856, m. 8 T.; C. W. King, the natural history
of precious stones and of the precious metals, London 1867, m. 1 T.; Arch. Billing, the
Science of gems, jeweis etc., London 1867 m. Photogr. (kritisch); Em. Soldi, les arts
meconnus, 2. Aull., Paris 1881; Edw. W. Streeter, precious stones and gems, 8. Aull. Lon
don 1882, m. 18 T.; A. H. Church, precious stones considerated in their scientific and
artistic relations, with a catal. of the Townshead coli, of gems in the South Kensington M.,
London 1888; Blümner, Technologie 8, 227 ff.; Köhler, über Sard, Onyx und Sardonyx
der Alten, Gott. 1801, ges. Schriften 4, 88 ff.
Die Bearbeitung der Edelsteine gehört wegen der Kleinheit und
Kostbarkeit der Gegenstände zu den feinsten Gewerben. Die Färbekunst
war hoch entwickelt, 4 ) freilich nur zum Zwecke des Betruges. 5 ) Der rohe
Stein wurde mittelst Schmirgel (Naxium) oder einer Art Wetzstein 6 ) so zu
geschliffen, dass sowohl die Oberfläche als die Seiten im eine bestimmte
Form gebracht wurden. Sollte der Stein aufgenäht werden, so durch
bohrten ihn die Arbeiter früher mit Röhren. 7 ) Grössere Steine werden
vermittelst Rädchen und kleinerer Steine zu Gefässen ausgehöhlt. Diese
Kunst wurde im Dienste der Diadochen und der reichen Römer eifrig be
trieben, so dass Salbfläschchen aus Onyx selbst in weiteren Kreisen ver
breitet waren; 8 ) Mithridates soll zweitausend Onyxgefässe besessen haben. 9 )
Die erhaltenen bedürfen einer kritischen Prüfung, da in den Fürsten
schätzen bis zum 18. Jahrhundert Edelsteingefässe stets zu den hervor
ragendsten Prachtstücken gehörten. 10 ) Das Gravieren geschah, was wenig
stens für die ältere Zeit sicher steht, nicht auf mechanischem Wege durch
ein Metallrädchen oder -Kölbchen; doch ist noch festzustellen, wann eigent
lich diese Erfindung gemacht und eingeführt wurde. Am Anfänge steht
wohl das Gravieren mit einem harten Steinsplitter (z. B. von einem Dia
manten, naxischen Stein oder Ostrakias) ; n ) diese Manier erscheint an den
babylonischen Cylindern besonders deutlich. Auch später kommen unvoll
kommene, mit den einfachsten Werkzeugen ausgeführte Produkte vor, die
wie zerkratzt aussehen. Um jedoch vertiefte Flächen herzustellen, brauchte
man ein Bohrinstrument, 12 ) welches kleine halbkugelförmige Vertiefungen
machte (a globolo). Dieselben sind oft nicht einmal miteinander verbunden
worden. 13 ) Bei den Assyrern kommen beide Manieren zuerst gesondert
*) Naucratis I T. 25, 27—30.
2 ) M. Pinder, de adamante, Berlin 1829.
8 ) Klagelieder Jeremiä 4, 7.
4 ) Plin. 37, 197; Firmic. math. 4, 14, 23;
Berthelot, coli, des alchimistes grecs p.
57. 350.
5 ) Der Schein grösserer Tiefe wurde
durch Unterlegen von Harz erzielt: Fibel
aus dem 5. Jahrhundert B. mon. 1879 p.
71, 1.
6 ) Dioskor. 5, 165 (apvQlg); Theophr. lap.
44 (der beste aus Armenien).
7 ) Abgeb.inWesterm. Monatsh. 1891 S. 92.
8 ) Catull. 66, 83; Horat. c. 4, 12, 17; Plin
36, 60.
9 ) Appian. Mithr. 115; vgl. auch Cic.
Yerr. 4, 27.
10 ) Otto I. schenkte eines seinem Schwie
gervater (Radulphus Higdenus polychrome.
YI a. 925); auch die Sage vom Gral gehört
hieher.
n ) Plin. 37, 177. 200.
12 ) Plin. 37, 200.
1S ) Z. B. Meyer, Kunstgeschichte I S. 10
T. 1; Impr. gemm. 1 18—20. 30—32. III 21
— 26; vgl. Rossbach, AZ. 41, 343 ff.