Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde.
die aretinisehen Gefässe auszeichnet; 1 ) diesen Namen tragen die letzteren,
insofern sie massenhaft in und um Arretium gefunden werden und ein
römischer Töpfer sich selbst als figulus Aretinus bezeichnet/ 2 ) Nicht über
all gelang es, den frischen Glanz und die satte Farbe zu treffen; diese
minderen Gefässe mit Reliefverzierung (s. u.) pflegt man weniger begrün
det samische zu nennen. Ebenso missbräuchlich ist der Name vasa
sigillata, welcher von der lemnischen Erde herkommt. Beide Gattungen
sind über das römische Reich verbreitet. Gelbroter Lack zeichnet Gefässe
von Trier 3 ) und anderen Römerstädten aus.
196. Soll die Vase weiteren Schmuck erhalten, so eignet sich der
Thon in feuchtem Zustande zu vertiefter Ornamentierung. Die ein
fachste Weise besteht darin, die Finger einzudrücken (was das Tupfen
oder Grübchenornament ergibt) 4 ) oder eine Schnur straff herumzulegen;
dieses Schnurornament reicht bis in die Steinzeit hinauf und ist weit
verbreitet, 5 ) später wird es zum Perlenstab verschönert. 6 ) Das nächste
Instrument ist ein einfacher Griffel, mit welchem man beliebig Punkte und
Linien eindrückt. Vielleicht hat man dann die kämm artigen „Kopfkratzer“
zur Beschleunigung der Arbeit verwendet. 7 ) Die zweite Stufe der Thon
verzierung, welche mit der Verbreitung der orientalischen Kultur zu
sammenfällt, ist die Einprägung eines Stempels, welcher das gleiche
Muster öfter wiederholt; vielleicht haben Spielereien, wie sie später noch
Vorkommen, z. B. das Eindrücken einer Münze, 8 ) diese'Erfindung herbei
geführt. Wir finden solche gestempelte Ware von geschwärztem, rotem
oder bräunlichem Thon (Bed-ware). Matrizen für Inschriften und einzelne
Ornamente (z. B. Masken) blieben fort und fort im Gebrauche; 9 ) erst mit
den letzten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung kam eine neue Blütezeit
der Relief gefässe, welche nun massenhaft hergestellt wurden — dank der Er
findung der Modell- oder Formschüsseln, aus denen das Gefäss im ganzen
gepresst werden konnte; 10 ) dieselben sind oft recht roh, wie mit dem Messer
geschnitten, 11 ) Hohes Relief kam auf diese Weise natürlich , nicht zu
Stande; solche Figuren (namentlich Masken) mussten gesondert ausge
drückt und dann auf den feuchten Thon gepresst werden. Aus freier
Hand dagegen schnitt der Töpfer Ornamente in den feuchten Thon. 12 ) Zu
. ] ) Fabroni, storia degli antichi vasi
fittili Aretini, Arezzo 1841; Blümner 2, 67 ff.
2 ) Corpus inscr. Lat. II 4970, 519.
3 ) Jahresbericht 1868/64 S. 89.
4 ) Wahrscheinlich öayxv'kcaiov Ion hei
Athen. 11, 468c; Abbildungen: Beiträge zur
Anthrop. u. Urgesch. Bayerns I T. 12, 28. 18,
1—8. 10—14. 16. 17. 24. 26; Ltndenschmit,
Altertümer II, 1, 1, 1. 2. In Schweden soll
das Ornament fehlen: Hildebrand, Anthrop.
Corresp. 1876 S. 75. Nägeleindrücke sind
SöltGIlGr
5 ) Lepsius, Denkm. II T. 158, 43 (Zeit
der 5. Dynastie); Archiv für Anthrop. 7
T. 18, 33; phönikisch nach Klopffleisch,
Anthrop. Korresp. 1875 S. 87.
6 ) An malerischen Vasen mit Gold-
Schmuck: Jahn, Vasen mit Goldschmuck
T. 2, 3. 4; x4nt. du Bosph. Cimm. T. 53, 2. 54,
1. 57, 1.
7 ) Palliardi, Ztsch. des vaterländischen
Musealvereins in Olmütz (tschechisch) 6, 78.
8 ) Teller von Hadria, mit Abdruck einer
Uncia aus dem 3. Jahrli. v. Chr.: Heydemann,
Mitteilungen S. 26 f.; schwarze Gefässe in
Acquacetosa mit Denarstempel: Abeken,
Mittelitalien S. 323.
9 ) Blümner 2, 104 m. Abb.; Birch, J. r.
arch. inst. VIII (1851); Petrie, Naukratis 1
T. 29; aus Terrakotta in Speier.
1() ) Muster von solchen bei Hefner,
Töpferei v. Westerndorf S. 25 ff.; Fabroni,
vasi Aret. T. 7; sehr viele in Speier: Har-
ster’s Katalog S. 11.
n ) Z. B. MB. 12, 45.
12 ) Wiederholt in der Pfalz.