Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
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Nippsachen haben immer ihre Liebhaber gefunden, doch scheinen sie mehr 
im Oriente als in Europa ausgeführt worden zu sein. Abgesehen von den 
Stöcken mit figuriertem Knauf, welche nach Herodot bei den Babyloniern 
herkömmlich waren. * 2 3 ) hat Ägypten reizende Schnitzereien hinterlassen. Da 
gibt es Löffel mit unbekleideten Frauen als Griff, Schmuckbüchschen, welche 
Affen umklammern oder ausspionieren, Salbgefässe mit Mädchen im Röh 
richt und andere mit Barbaren, Nadeln mit Tierköpfen u. dgl. 2 ) Spätere 
Holzarbeiten, z. B. Kämme sind selten und wenig bedeutend; 3 ) eine ge 
wisse fortlaufende Tradition dürfte sich nur bei den hölzernen Stehleuch 
tern (Ständerlingen) zeigen, 4 ) welche die katholische Kirche bis auf den 
heutigen Tag benützt. 
Lifcteratur: Blümner 2, 237 ff.; Intarsia: Chr. Scherer, Technik und Geschichte 
der Intarsia, Lpg. 1891; A. Seidensticker, Waldgeschichte des Altertums, Frankfurt 
1886, 2 Bde. 
194. Zu den leicht zu bearbeitenden Materialien gehört ferner der 
Thon, dessen Bildsamkeit ihn zu den verschiedensten Arten der Bearbei 
tung und Benützung geeignet erscheinen lässt. Die Keramik nimmt 
daher durch die Massenhaftigkeit ihrer Erzeugnisse heutzutage eine wich 
tige Stelle in der Denkmälerkunde ein, welche ihr im Altertum nicht 
zukam. Die gewöhnliche Töpferware, welche auch der Bauer selbst leicht 
hersteilen konnte, 5 ) interessiert uns nur als niederere Stufe der Fein- 
töpferei, bei der die Schönheit und Gefälligkeit der Erscheinung von 
Belang sind. Erstere wiegt in altertümlichen Verhältnissen vor, erhält 
sich aber stets im gewöhnlichen Hausrate. 
Bezüglich des Stoffes bemerken wir zwei verschiedene Bestrebungen: 
Wo Metallgefässe fehlen oder selten sind, liebt man den Thon durch Bei 
mischung von Sand, gestampftem Granit, Quarz, Glimmerschiefer oder Kies, 
auch durch feuerfesten Graphit zu härten; 6 ) unserem Steingut ent 
sprechen die aus zerstossenen Scherben und Kalk bereiteten Signina. 7 ) 
Dagegen streben besonders die Griechen feine leichte Arbeiten herzustellen, 
zu welchem Zwecke der Thon sorgsamst geschlämmt wird; so können 
die athenischen Töpfer eine Wand von nur zwei Millimeter Dicke wagen. 8 ) 
Nicht zu verwechseln damit ist die natürliche Zusammensetzung des Thones, 
welche nach den Fundgruben wechselt, da der Prozentsatz von Kieselerde, 
Kalk und Eisenoxyd variiert und Magnesia fehlen kann. 9 ) Der feuchte 
Thon wird ursprünglich mit den Händen bearbeitet, und solche Gefässe 
kommen nicht bloss in ältester Zeit vor, sondern auch später sogar an 
bedeutenden Töpferorten. 10 ) Allein schon in den Gräbern von Benihassan 
*) Herod. 1, 195; K. Fr. Hermann, de 
sceptri regii antiquitate et origine, Gott. 1851; 
Benndorf, A. 37, 380. 
2 ) Perrot I 585. 586. 590; Erman 2, 564. 
3 ) B. mun. 1889 S. 499; vgL Martial. 
14, 25. 
4 ) Cic. ad Qu. 3, 7 (aus Samos bezogen); 
Petron. 95; Martial. 14, 44. 
5 ) Z. B. Tibull. 1, 1, 39 f. 
6 ) In Orchomenos (Schliemann S. 44); 
sehr häufig in Deutschland und Österreich. 
7 ) Plin. 35, 165. 
8 ) Gargiulo, cenni sulla maniera di rin- 
venire i vasi fittili p. 12 ff.; Blümner I S. 40 
A. 1. 
9 ) Analysen: Jahn, Katalog der Vasen- 
samml. S. CXXXIX; Brongniart, traite 1, 
414; Blümner 2, 70; Wilisch, altkorinthi 
sche Thonindustrie S. 15; Gefässe von Villa 
nova: Gozzadini (S. 135) p. 28 A. 1. 
10 ) Für Naukratis bezeugt von Athenaios 
11, 480 e; Beispiele aus der römischen Kö 
nigszeit: Helbig, Italiker S. 86; mit griechi 
schen Vasen zusammen auf dem Esquilin:
	        
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