Wiederherstellung und Betrieb der in Polen besetzten Bahnen.
171
bestand hinter dem linken Flügel des Vormarschraumes nur eine
eingleisige Schienenverbindung von Thorn über Wlozlawek auf Lowitsch.
Sie besaß Regelspur und war im Verlauf der Kämpfe der 9. Armee in
Südpolen von deutschen Cisenbahntruppen bis Rjeschawa zerstört worden.
Da größere Kunstbauten an der Strecke fehlten, waren umfangreichere
Schäden, die die Wiederherstellung wesentlich verzögern konnten,
nicht vorhanden. Beim weiteren Fortschreiten der Offensive ließ sich mit
Ausnutzung der eingleisigen, ab Kalisch breitspurigen Linie Ostrowo—
Sjerads—Lods rechnen. Ihre bei Sjerads zerstörte Warthe-Brücke bildete
allerdings ein recht bedeutendes Hindernis, dessen Beseitigung längere Zeit
in Anspruch nahm. Außerdem konnten einige südöstlich Hohensalza gegen
die Grenze führende, schmalspurige Rübenbahnen bei Beginn der
Operationen für die Versorgung der 9. Armee nützlich sein.
Die Überschätzung der zu erwartenden Schwierigkeiten^) bei Wieder¬
herstellung der einzigen, beim Vormarsch zunächst zur Verfügung stehenden
Vollbahn Thorn—Lowitsch ließ bei dem Oberkommando Ost den Plan
entstehen, die Versorgung der 9. Armee hauptsächlich mit Hilfe einer neu
herzustellenden, von der Gegend südöstlich Hohensalza ausgehenden Feld¬
bahn (Spurweite 60 cm) durchzuführen. Außerdem sollte eine von Krusch-
witz bis zur Landesgrenze verlaufende Rübenbahn (Spurweite 71,6 cm)
benutzt und über Kolo verlängert werden. An den Ausbau beider Bahnen
sehte der Chef des Feldeisenbahnwesens Ost alle verfügbaren militärischen
Vaukräfte, während die Wiederherstellung der besetzten russischen Voll¬
bahnen den angrenzenden heimatlichen Cisenbahnverwaltungen übertragen
wurde. Rach den hierfür erteilten Weisungen sollte
die Cisenbahndirektion Bromberg die Strecke Thorn—Richtung Lowitsch,
die Cisenbahndirektion Posen die Linie Ostrowo—Richtung Lods und
die Cisenbahndirektion Kattowitz die Bahnen von Tschenstochau in der
Richtung auf Koluschki und Kjelzy
instand setzen und in Betrieb nehmen. Die Arbeiten waren mit allen ver¬
fügbaren Mitteln sofort zu beginnen und durch Heranziehung leistungs¬
fähiger Unternehmer zu beschleunigen. An der Warschau-Wiener-Bahn
sollte sich die Wiederherstellung zunächst auf die Fahrbarmachung eines
Gleises beschränken.
Für den Entschluß zum Bau einer Schmalspurbahn war außer dem
bereits angeführten Grunde auch die allzu günstige Vorstellung von Cin-
') In einer Zuschrift an das Reichsarchiv vom Februar 1927 schreibt General
Ludendorff über die Gründe, die zur Anlage der Feldbahn führten: „Die Bahn wurde
gebaut, weil wir glaubten, daß die beim Rückmarsch (auf Oberschlesien) ausgeführten
Zerstörungen viel schwieriger wiederherzustellen wären".