Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges. 
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allem konnten auch die bei den Mittelmächten wie bei der Entente demnächst 
noch zu erwartenden Neubildungen an dem Gesamtstärkeverhältnis nichts 
Entscheidendes ändern. Es bestand allein an der Westfront eine überlegen- 
heit der Gegner um etwa 45in Reserve befindliche und damit für den großen 
Angriff frei verfügbare Divisionen. Erschwerend kam für die deutsche Seite 
der einstweilen noch völlig unbefriedigende Stand der Munitionslieferungen 
hinzu. Sie betrugen bisher nur etwa die Hälfte von dem, was das Hinden- 
burg-Programm liefern sollte'). 
Trotz so ungünstiger zahlenmäßiger Stärkeverhältnisse und obgleich sich 
die deutsche Oberste Heeresleitung darüber klar war, daß im großen bis auf 
weiteres nur Abwehr in Frage komme, wurde an dem Gedanken, wenn nicht 
in Italien, so doch an der einen oder anderen Stelle der Westfront anzu- 
greifen, noch durchaus festgehalten. Cr hatte vor allem im Chef der Ope- 
rationsabteilung I, Major W e tz e l l, einen steten und nachdrücklichen 
Befürworter, der in seiner Denkschrift vom 2. Februars die „Operative 
Ausnutzung des Zurückgehens in die Siegfried-Stellung" eingehend be- 
handelt hatte. Cr sah in den zwei bis drei Wochen, in denen der Feind noch 
nicht wieder eingegraben gegenüberstehen werde, eine „nie wiederkehrende 
günstige Gelegenheit zu operativ offensivem Handeln". Mit Sicherheit sei 
anzunehmen, daß der Gegner unser Ausweichen als Schwäche auslegen und 
alsbald auf der ganzen Front, wenn auch zunächst nur tastend, an unsere neue 
Stellung herangehen werde. „In diesem sehr erheblichen Schwächezustand 
uns gegenüber überfallartig an der schwächsten, für uns operativ günstigen 
Stelle gegen den Franzosen vorzubrechen und ihn zu schlagen", erscheine 
erwägenswert. Cr empfahl einen „übersallartig überraschenden, mit stärkster 
Artillerie zu führenden Angriff südlich von St. Quentin in der Zeit der fran- 
zösischen Änfertigkeit, das heißt in den Tagen, in denen der Franzose sich vor 
der Siegfried-Stellung langsam einzurichten beginnt, und in denen die 
Truppe sich im Gelände noch nicht auskennt, Munition, Drahtverbindungen 
und anderes noch fehlen". Den Hauptangriff wollte er mit 14 Divisionen 
südlich der Oise führen, einen etwas später einsetzenden Nebenangriff mit 
sechs Divisionen nördlich des Flusies, begleitet von einem „demonstrativen 
Ausfall" aus St. Quentin hart nördlich der Somme. Ziel des Hauptangriffs 
') Am 1. März sagte Gen. Ludendorff zu Gen. von Krafft, der sich als Genst.-Ches 
der neugebildeten Hgr. Herzog Albrecht (S. 74) in Kreuznach meldete: „Das Schmerz- 
lichste ist die Munitionsfertigung. Ich hätte in diesem Monat (gemeint war offenbar 
Februar) 340 Munitionszllge (gemeint war offenbar für Feldart.) bekommen sollen, 
habe aber nur 170 erhalten — also gerade die Hälfte!" (Mitteilung des Gen. von Krafft 
vom Dez. 1938 nach seinem Tagebuch). 
-) Bd. XI, S, 613.
	        
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