Entwicklung der Abwehr. Aufgaben der Flieger.
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sah nicht gelungen, unsere schwache Artillerie auszuschalten. Cs gelang nur
eine vorübergehende Schädigung. Am so weniger wird es unserer an Zahl
unterlegenen Artillerie mit ihrer wenigen Munition gelingen, die feindliche
Artillerie auszuschalten. Das ist für sie eine gänzlich unlösbare Aufgabe.
Es ist also falsch, wenn sich unsere Artillerie in der Hauptsache mit der feind-
lichen Artillerie beschäftigt, der sie doch nicht beikommen kann. Sie muß die
feindliche Infanterie zermürben und zermalmen. Gelingt ihr dies, so ist
damit auch jeder Bodengewinn für den Feind unmöglich. Denn nicht die
feindliche Artillerie, sondern die feindliche Infanterie tritt letzten Endes den
Weg über unsere Stellungen an. Das ist der Hauptgesichtspunkt und die
Hauptrichtlinie, nach der sich die gesamte Artillerie und die obere Fühmng
während des ganzen Kampfes richten müssen. Menschen zerschlagen, nicht
Material!"
Weiter sagte der Bericht, die Flieg erwaffe müsse angehalten und
erzogen werden, als ihre wichtigste Aufgabe die Leitung des Zerstörungs-
feuers und des Trommelfeuers der eigenen Artillerie anzusehen. Abschießen
feindlicher Flugzeuge und Cinschießen einzelner Batterien habe sie als
Nebenaufgaben zu betrachten, die der Hauptaufgabe stets nachzuordnen seien.
„Naht die Entscheidung heran, so darf mit dem Zerstörungs- und Trommel-
feuer nicht gewartet werden, bis rote Leuchtkugeln hochgehen. Die Truppen-
führer zusammen mit den höheren Artillerieführern müssen selbständig das
eigene Feuer zu größter Heftigkeit anschwellen lassen, um die zum Angriff
bereitgestellte feindliche Infanterie zu fassen. In niedrigen Höhen fliegend
haben die Flieger unser Zerstörungsfeuer auf diese Infanterie zu lenken und
sie überwalzen zu lassen." Sobald erkannt werde, daß der Feind sein
Trommelfeuer als Sperrfeuer hinter unfere vorderen Gräben legt, müsse das
Zerstörungsfeuer zum Sperrfeuer übergehen. „Das Zerstörungsfeuer ist die
offensive Gegenvorbereitung gegen den feindlichen Angriff. Das Sperrfeuer
ist die defensive Abwehr des feindlichen Angriffs im Augenblick des Heraus-
kommens aus den Gräben. Cs soll sich nicht auf die feindlichen Gräben,
sondern vor die eigenen Gräben legen, so nahe, als es die Sicherheit der
eigenen Infanterie erlaubt."
Hier wurde somit sehr deutlich der Nachdruck auf das Zerstörungsfeuer
(später „Vernichtungsfeuer" genannt) gegen die feindliche Infanterie gelegt.
Diese Ansicht war mit der der Heeresgruppe insoweit zu vereinigen, daß es
nicht ratsam sei, den Kampf gegen die feindliche Artillerie — über dessen
Wirksamkeit die Meinungen freilich auseinandergingen — so weit auszu¬
dehnen, daß darüber die wichtigste Aufgabe, die Vereinigung aller Kräfte
zur Abwehr eines drohenden Infanterieangriffs, verpaßt werde.