Full text: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

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Der Krieg im Osten. 
s.I«ni. von Riga zur rumänischen Grenze verlaufenden Linie wieder festsetzen 
konnte, so war das vor allem das Verdienst des Generals Alexejew. 
Als Generalstabschef des Zaren hat er sich als sachkundiger und tat¬ 
kräftiger Organisator vollauf bewährt. Die Wiederherstellung der Angriffs- 
kraft des russischen Heeres nach den schweren Rückschlägen des Jahres 1915 
war sein Werk. Mit den Offensivplänen für das Jahr 1916 hatte er weniger 
Erfolg. Der Märzangriff am Narocz-See scheiterte am deutschen Wider¬ 
stand wie an der vorauszusehenden „Wegelosigkeit" des russischen Frühjahrs. 
Seitdem begann der Generalstabschef des Zaren in seinem Einfluß auf die 
Operationen gegenüber dem tatkräftigen und erfolgreichen Oberbefehlshaber 
der Südwestfront, General Vrussilow, mehr und mehr in den Hintergrund 
zu treten. Die Niederlage Rumäniens, die gewiß nicht General Alexejews 
Schuld war, und seine Erkrankung im Dezember 1916 bedeuteten im wesent¬ 
lichen den Abschluß seiner Führertätigkeit. 
Daß General Alexejew schließlich bei Ausbruch der Revolution seinem 
Kaiser den Rat gab, abzudanken, soll ihm der schwerste Entschluß seines 
Lebens gewesen sein. Cr hat ihn gefaßt in der festen Überzeugung, damit 
feinem Volke und Vaterlande zu dienen, in der Hoffnung, Rußland an der 
Seite der Westmächte doch noch zum Siege zu führen. Er ist unter vollem 
Einsatz seiner Person bis zum äußersten bemüht gewesen, für dieses große 
Ziel die Schlagkraft des Heeres wiederherzustellen, aber vergeblich, denn er 
hatte keine Macht mehr in der Hand. Er ist nach ganz kurzer Wieder¬ 
verwendung im Herbst 1917 und anschließender Betätigung im Kampfe 
gegen die Volschewisten 61 jährig, aber ein völlig kranker Mann, im Herbst 
1918 gestorben. 
Mit dem letzten Generalstabschef des Zaren-Heeres war ein General 
dahingegangen, der großes militärisches Können mit schier unerschöpflicher 
Arbeitskraft verband, ein tüchtiger Organifator, ein nüchterner und gründ- 
licher Rechner, der die besonderen Möglichkeiten des weiten Russischen 
Reiches ebenso wie die Grenzen der Leistungsfähigkeit seiner Truppen 
richtig einschätzte. Günstige Lagen schnell zu erkennen und auszunutzen — eine 
der wesentlichsten Eigenschaften des großen Feldherrn —, war ihm weniger 
gegeben, denn dazu fehlte ihm die geistige Wendigkeit seines Vorgängers, 
des Generals Danilow, wie auch das mitreißende Feuer seines Nachfolgers, 
des Generals Vrussilow. Aber er war neben ihnen einer der Besten, die das 
Heer des russischen Zaren besaß.
	        
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