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Der Krieg im Offen.
I«»t. Russen auch weiterhin abgeholt oder im Verkehr von Graben zu Graben beim
Tauschhandel und Auswechseln von Briefen verteilt. Der Briefwechsel wurde
auf russische Kriegsgefangene in Deutschland ausgedehnt.
Unterdessen aber mehrten sich die Anzeichen dafür, daß die große russische
Offensive tatsächlich zur Ausführung kommen werde. Die Feuertätigkeit
des Gegners nahm zu. Immer deutlicher zeichnete sich die Front der deut-
schen Südarmee sowie der beiderseits anschließenden österreichisch-ungarischen
Armeen und damit Lemberg als Ziel des russischen Hauptangriffs ab. Mitte
Juni begann die Oberste Kriegsleitung, die Verstärkung der Ostfront vor¬
zubereiten.
2. Das russische und die Revolution.
Anfang März. In den ersten Märztagen war General A l e x e j e w von seinem
Krankheitsurlaub zurückgekehrt und hatte die Geschäfte des Generalstabs-
^8. bis chefs wieder übernommen. Am 8. März begannen Unruhen in Petersburg,
ri'am 12. wurden die aufständischen Arbeiter und die zu ihnen übergegangenen
Truppen bereits Herren der Stadt. Am 13. März liefen in Mogilew die
ersten amtlichen Nachrichten über die ausgebrochene Revolution ein und
wurden von diesem Zeitpunkte ab auf dem Dienstwege auch den Tmppen
laufend bekanntgegeben. Man hielt das für nötig, um die Soldaten, die unter
der Wirkung von Nachrichten aus der Etappe und von Berichten zurück¬
kehrender Urlauber zum Teil schon von allgemeiner Unzufriedenheit erfaßt
waren, rechtzeitig beeinflussen und dadurch in der Hand behalten zu können.
Die unter einem früheren „Kadetten"-Führer, Fürst Lwow, neu ge-
bildete Provisorische Regierung mit Gutschkow als Kriegs-
und Marineminister verlangte die Abdankung des Zaren und drohte im Falle
der Weigerung, die Zufuhr von Verpflegung und Munition für das Heer
zu unterbinden. General A l e x e j e w, der schon bisher in engstem Zu¬
sammengehen mit den Westmächten, aber auch in einem mehr liberalen
Regiment im Innern das Heil des Reiches gesehen hatte, riet zur Thron-
t5.März, entsagung. Nach einigem Zögern dankte der Zar am 15. März ab
und entband die Truppen ihres Eides. Zu seinem Nach-
folger als Oberstem Befehlshaber des Heeres bestimmte er den Oberbefehls-
Haber der Kaukasus-Front, Großfürsten Nikolaus Nikolajewitfch, der diese
Stelle bis zum Herbst 1915 bereits innegehabt hatte.
Neben der Provisorischen Regierung, die mit den Westmächten inniges
Einvernehmen zu halten suchte und gewillt war, den Krieg bis zum siegreichen