Russische Angrisfspläne.
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Am 26. brachte der amerikanische Botschafter in Wien das schon
erwähnte russische Friedensangebot vor').
Unterdessen hatte die Heeresleitung durch den Generalquartier-
meister General Lukomski die Transport- und Verpflegungsverhältnisse der
Fronten einer eingehenden Prüfung unterziehen lassen. Das Ergebnis war
erschreckend. Wegen des Ausbleibens von Kohlen standen viele für den
Heeresbedarf arbeitende Fabriken still. An der Nordfront reichten die Vor-
rate jeweils nur für zwei Tage, an der Westfront hatte man Konferven und
den eisernen Bestand an Zwieback angreifen müssen, in den Karpaten war
es ähnlich („saß man auf Heringen") und an der Rumänischen Front war
die Lage noch schlechter^). Diese Zustände übten ihre Wirkung auf den Geist
der Truppen. Sie machten sich bereits in disziplinwidrigen Ausschreitungen,
vor allem aber in starker Propaganda unter den Mannschaften gegen den
Krieg und die bestehende Staatsform bemerkbar. Versuche, dem entgegen-
zuwirken, blieben ohne Erfolg. Vielmehr begann die Stimmung auch im
Offizierkorps teilweise ernstlich zu sinken, und an der Front verbreitete sich
seelische Niedergeschlagenheit, die, verbunden mit Teilnahmlosigkeit und
Gleichgültigkeit, als Vorläufer einer herannahenden Katastrophe angesehen
werden konnten.
B. Der Ausbruch der russischen Revolution und ihre
Wirkung auf die Kriegführung.
Beilage 23.
I.Die Front der Mittelmächte.
a) Der Entschluß zur Förderung der russischen Revolution
durch Propaganda.
Am 13. März kam die erste Nachricht vom Ausbruch der russischen iz.März.
Revolution nach Deutschland^). Über die Bedeutung dieses Ereignisses
gewann man erst allmählich Klarheit. Es lagen Nachrichten vor, nach denen
England die Hand im Spiele hatte. So hatte man in Stockholm aus rus-
fischen Kreisen erfahren, daß der englische Botschafter in Petersburg, Sir
George Buchanan, durch englisches Geld mit dem „Kadetten"-Führer^) Mil-
jukow zusammen gegen die Friedenspartei am Hose arbeite. Als am 15. März
1) S. 167.
2) Strategischer Überblick, Teil 7, S. 38.
') S. 82.
4) „Kadetten" (K. D.) — Konstitutionell-Demokratische Partei.
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