Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Betrachtungen. 
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Sonst wäre man vielleicht doch auf ein Ausweichen noch in letzter Stunde 
gekommen, wie es unter ähnlichen Verhältnissen an der Somme schon in den 
Tagen vor Beginn des Siegfried-Rückzuges mit Erfolg angewandt worden 
war') sowie später bei Arms") und an der Aisne3), in diesen beiden Fällen, 
nachdem die Schlacht bereits entbrannt war. 
Ohne die Frage des Ausweichens in letzter Stunde zu berühren, hat 
sich am 18. Juni General vonKuhlin einem Erfahrungsbericht darüber 
geäußert, ob das Halten des Wytschaete-Vogens richtig war oder nicht: „Der 
von mir rechtzeitig unter eingehender Begründung gemachte dringende Vor- 
schlag, den Wytfchaete-Bogen zu räumen, wurde vom Armee-Oberkom- 
mando 4 aufs entschiedenste mit der Begründung abgelehnt, daß die rück- 
wältigen Stellungen unbrauchbar seien und daß die Verteidigung des 
Vogens keineswegs aussichtslos sei"). Der Verlauf der nächsten Kämpfe 
muß zeigen, ob die jetzt eingenommene Stellung brauchbar ist oder nicht. 
Trifft ersteres zu, so wäre der Entschluß zur Räumung des Wytschaete- 
Vogens seinerzeit der richtige gewesen." Da die Engländer die „jetzt ein¬ 
genommene Stellung" im wesentlichen nicht mehr angegriffen haben, bleibt 
auch hier die Frage offen. 
Denselben Einblick in die Verhältnisse wie die Heeresgruppe hatte durch 
fast tägliche unmittelbare Ferngespräche mit dieser wie mit dem Armee- 
Oberkommando 4 die Ober st e Heeresleitung. Älber die in der 
Besprechung vom 30. April, der ihr Nachrichtenoffizier, Major Mende, bei- 
gewohnt hat, zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten war sie unter- 
richtet. Aber ebenso wie die Heeresgruppe ihre Bedenken der 4. Armee und 
der Gruppe Wytschaete gegenüber zurückstellte, hat auch sie nicht gegen die 
Ansicht der örtlichen Befehlshaber entscheiden wollen. Daß ihr eigener Nach- 
richtenoffizier in voller Übereinstimmung mit diesen berichtete, mag dabei mit- 
gesprochen haben. General Ludendorff „vertrat den Standpunkt, daß die ört- 
lichen Kommandostellen in solchem Falle wie hier zu entscheiden haben"^). 
Nach dem Kriege schrieb General von Kühl abschließend^: „Es 
war ein Fehler des Oberkommandos der Heeresgruppe, daß es nicht trotz aller 
Einwendungen die Räumung einfach befahl. Eine der schlimmsten Tragödien 
des Weltkrieges wäre dem deutschen Heere erspart geblieben." 
') S. 134 ff. 
2) S, 232. 
3) S, 329 und 341. 
4) Das bezog sich auf die Besprechung vom 3t). April (S, 432). 
5) Mitteilung des Gen. Wetzell vom Okt. 1938. 
°) von Kühl, „Der Weltkrieg 1914—1918", II. Band, S. 114.
	        
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