Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

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Der Verlust des Wytschaete-Bogens. 
z««i. über 3000 Vermißtes. Diese Gegenüberstellung zeigt klar, wie schwer die 
deutschen Truppen bei aller Ungunst der Verhältnisse dem Gegner den Erfolg 
gemacht haben. 
Es drängt sich aber auch die Frage auf, ob es nicht doch richtiger gewesen 
wäre, den Wytschaete-Vogen vor dem englischen An- 
griff zu räumen. Die gesamten feindlichen Angriffsvorbereitungen, 
insbesondere die jahrelangen mühsamen Arbeiten unter der Erde, würden 
dadurch mit einem Schlage entwertet worden sein. 
Der Oberbefehlshaber der 4. Armee, der Kommandierende General des 
XIX. Armeekorps und ihre Chefs der Stäbe, die sich am 30. April 1917 sehr 
entschieden gegen den Vorschlag des Chefs des Generalstabes der Heeres¬ 
gruppe, den Wytschaete-Vogen zu räumen, aussprachen, konnten indessen 
für ihre Ansicht gewichtige Gründe anführen^). Außer der Ungunst des rück¬ 
wärtigen Geländes sprach auch der Umstand gegen die Räumung, daß beim 
Aufgeben dieses Teiles der Front der Gegner kampflos die Grundlagen zur 
Durchführung der von ihm erstrebten Hauptoperation gewonnen hätte und 
somit von vornherein den größten Teil seiner unverbrauchten Mittel und 
Kräfte zum entscheidenden Stoß weiter nördlich einsetzen konnte. Vor- 
bedingung war allerdings, daß man überzeugt war, die vorspringende Stel- 
lung auch wirklich halten zu können. Da Gmppe und Armee bestimmt 
glaubten, daß dies gelingen werde, hatte sich die Heeresgruppe mit der Absicht 
einverstanden erklärt, einen etwaigen Angriff in der bisherigen Hauptkampf- 
zone anzunehmen. General Ludendorff schrieb darüber nach dem Kriege'): 
„Ein abgeschlagener Angriff ist für jeden Verteidiger wegen der damit ein¬ 
tretenden, unendlich schweren Verluste des Gegners wertvoll, so stimmten 
die Heeresgruppe und auch die Oberste Heeresleitung dem Halten des 
Bogens zu." 
Die Ansicht des Oberkommandos der 4. Armee und des General- 
kommandos Wytschaete, die Stellung könne behauptet werden, ist offenbar 
durch die Überzeugung beeinflußt worden, daß von dem britischen Minier- 
angriff keine ernstliche Gefahr mehr drohe, nur ein Nebenangriff erfolgen 
und es der deutschen Artillerie, trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit, gelingen 
werde, die feindliche durch planmäßiges Bekämpfen erheblich zu schwächen 
und mindestens das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten4). Am 30. Mai waren 
aber klare Anzeichen vorhanden, daß in Flandern keine Nebenhandlung des 
1) Mitteilung der brit. Historical Section vom Jan. 1939. 
2) 6.432. 
3) „Kriegserinnerungen", ®. 340. 
4) S. 432 f.
	        
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