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Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.
15. April. Aus allen Beobachtungen und Nachrichten formte sich das V i l d der
Lage im Oberkommando der Heeresgruppe Deutscher Krön-
Prinz') folgendermaßen:
Vor dem rechten Flügel der 7. Armee in der Siegfried-Stellung
zwischen Oise und Ailette war kein größerer Angriff zu erwarten; zwischen
Ailette und Condö-Ecke waren Teile des frisch eingesetzten französischen
I. Kolonialkorps am 15. April schon gegen Vauxaillon und Laffaux an¬
gelaufen. Das Korps wird den Angriff voraussichtlich fortsetzen.
Gegenüber der Südfront von Conds bis zum Vrimont war eine auffällige
Verschiedenheit in der Gliederung der französischen Korpsabschnitte zu be-
merken. Man wußte von der Conds-Ecke bis östlich von Cerny das VI. Korps
und das II. Kolonialkorps in breiter Aufstellung eingesetzt) und ebenso das
VII. und XXXVIII. Korps etwa zwischen le Godat (östlich von Cormicy)
und der in der Gegend von Prunay richtig angenommenen Ostgrenze der
französischen 5. Armee mit allen ihren Divisionen in vorderster Linie. Da-
zwischen waren drei Korps — das I., V. und XXXII. — in schmalen Ab-
schnitten und tief gegliedert festgestellt. In diesem Korps wurde die eigentliche
Angriffsgruppe gesehen, deren entscheidender Stoß zum Durchbruch etwa
zwischen Cerny und dem Vrimont in den Rücken der Siegsried-Stellung
führen sollte.
Östlich von Reims, vor der 3. A r m e e, waren zwischen Prosnes und
Aubsrive in den letzten Tagen drei bewährte Angriffsdivisionen, 33., 45. und
marokkanische Division, festgestellt worden. Mit gleichzeitigem, wenn auch
bei kürzerer zur Verfügung stehender Zeit vielleicht weniger gründlich vor-
bereitetem Angriff aus dem genannten Frontabschnitt war sicher zu rechnen;
seine etwaige weitere Ausdehnung nach Osten blieb vorläufig ungewiß. Auch
in der Lücke zwischen beiden Angriffsfronten, beiderseits und vorwärts von
Reims, würde der Feind voraussichtlich nicht untätig bleiben. Zum min¬
desten war zu erwarten, daß er hier — vielleicht mit Unterstützung von
Tanks — vorgehen würde, um die deutschen Truppen zwischen dem Vrimont
und den Höhen von Verru zu fesseln, bis ihre beiderseitige Umfassung wirksam
werden konnte.
Nach Ansicht der Ober st en Heeresleitung konnte der Gegner
für den Angriff an der Aisne und in der Champagne zur Zeit insgesamt etwa
50 Divisionen in und hinter der Front bereit haben.
1) Wochenbericht an O. H. L. vom 15. April 1917.
2) Die Aufstellung des XX. Korps zwischen VI. Korps und II. Kol.-Korps war
noch nicht erkannt worden; es wurde hinter der Front Prunay—Aubsrive in Reserve
vermutet.