Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

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Neue Lage für die Westmächte. 
hielt, so ermahnte er die Heeresgruppenführer — offenbar ihren Bedenken 
Folge gebend — in einem gleichzeitigen Schreiben doch, daß „Kühnheit 
nicht mit Leichtsinn" verwechselt werden dürfe, daß ein Führer, der ohne 
die nötige Vorsicht und Vorbereitung zum Angriff schreite, schwerste Ver- 
antwortung auf sich lade und daß der Erfolg nicht nur von der Kühnheit 
des Planes und der Kraft der Ausführung abhänge, sondern auch von der 
Sorgfalt der Vorbereitungen. 
«.April. Zwei Tage nach Erlaß dieser Weisungen, am 6.April, trafen der 
Präsident der Republik Poinearö, der Ministerpräsident, die Minister des 
Krieges, der Marine und der Bewaffnung, zu einer Besprechung in 
Compiögne ein, bei der, allen militärischen Gepflogenheiten zuwider, 
die Heeresgruppenführer ihrem Höchstkommandierenden gegenübergestellt 
wurden'). Kriegsminister Painlevö wies darauf hin, daß die Sorgen des 
russischen und italienischen Verbündeten sowie die eigene schlechte Ersatzlage 
im Augenblick zur Vorsicht mahnten, während der Eintritt Amerikas in den 
Krieg, der sich an diesem Tage vollzog, die besten Aussichten für die Zukunft 
böte. Demgegenüber betonte General Nivellein gewohntem Optimismus 
die Notwendigkeit eines alsbaldigen Angriffs, der, bis ins letzte vorbereitet, 
Rußland sowohl wie Italien aufs wirksamste entlasten würde. Amerikas 
Hilfe sei fern, der Anterseekrieg auf der Höhe seiner Wirksamkeit, die Zeit 
arbeite nicht mehr für die verbündeten Mächte. Alle Heeresgruppenführer 
pflichteten dieser Ansicht ihres Vorgesetzten bei, nur glaubten sie nicht an ein 
größeres Ergebnis als die Fortnahme der ersten beiden deutschen Stellungen. 
Besonders General Franchet d'Esperey, dem die jüngsten Erfahrungen vor 
der „Hindenburg-Linie" zu Gebote standen, warnte vor zu weit gespannten 
Erwartungen. 
Der Präsident der Republik faßte die Ergebnisse der Aus- 
spräche dahin zusammen, daß die unbedingte Defensive ebenso abzulehnen 
sei, wie die Durchführung der Schlacht mit allen Reserven bis zu deren 
Erschöpfung, daß andererseits vorsichtiger Einsatz der Reserven bei ge- 
lungenem Durchbruch oder, wenn dieser nicht im ersten Anlauf auf breiter 
Front erreicht würde, der Abbruch der Schlacht ins Auge gefaßt werden müsie. 
Daraufhin bot General R i v e l l e seinen Rücktritt an. Die Regierung 
aber weigerte sich, diesen Schritt auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Ein 
nochmaliger Wechsel in der militärischen Leitung und ein Verzicht auf die 
so laut verkündeten Angriffspläne in einem Augenblick, da bei Arras die 
englischen Geschütze die große Offensive bereits einleiteten, waren unmöglich. 
i) S. 173.
	        
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