Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Siegeswillen in England. Kaiser Karls Friedensfühler. 
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ringens an Frankreich undenkbar. Gerade letzteres müsse ein Hauptziel Eng- 
lands bleiben, um Deutschlands wirtschaftliche Vormachtstellung zu brechen 
und das europäische Gleichgewicht wiederherzustellen. „Man hat mir gesagt", 
äußerte der Staatssekretär, „daß die Kriegsmüdigkeit in gewissen Kreisen 
der französischen Gesellschaft infolge der furchtbaren Verluste und der all- 
gemeinen Lasten, die der Krieg ihnen auferlegt hat, so groß ist, daß sie, wenn 
sie einen ehrenvollen Frieden ohne Clsaß-Lothringen oder nur mit einem 
kleinen Teil von Clsaß-Lothringen haben könnten, auch damit zufrieden sein 
würden. Für mich wäre es eine große Enttäuschung, wenn dieser Krieg ohne 
die völlige Wiederherstellung der alten Grenzen Frankreichs enden würde". 
Unterdessen schienen die Verhältnisse in Österreich-Ungarnfür 
die Entente günstige Aussichten zu bieten. Bereits am 10. Februar hatte 
Lloyd George dem amerikanischen Botschafter, der wegen der beabsichtigten 
Aufteilung der Donau-Monarchie vorsprach'), sagen können^): „Der neue 
Kaiser sei des Krieges, den er nicht herbeigeführt, sondern ererbt habe, be- 
sonders müde. Außerdem sei Österreich auf jeden Fall genötigt, ihn einzu- 
stellen. Sollten die deutschen Mächte gewinnen, so würde es zu einem 
Vasallen Deutschlands werden, was für das Land schlimmer sein würde als 
ein Sieg der Entente. Ästerreich werde heute von Deutschland geführt und 
regiert. Sogar seine eigenen Heere würden von Deutschen befehligt. Am 
meisten leide es unter dem wirtschaftlichen Druck. »Ich weiß, daß es den 
Krieg einzustellen wünscht.«" Am 5. März hatte dann Präsident Poin - 
car« durch den Besuch des Prinzen Sixtus von Parma, Schwager Kaiser 
Karls, aus Wien Nachrichten vom 21. Februar erhalten, die nicht nur das 
Friedensbedürfnis Österreich-Ungarns klar hervortreten ließen, sondern auch 
die Geneigtheit seines Herrfchers zeigten, sich Deutschland gegenüber für 
Frankreichs Interessen einzusetzen^). Der Präsident der Republik spann 
diesen Faden durch Rückfragen weiter und erfuhr dabei, nachdem Prinz 
Sixtus am 2Z./24. März nochmals bei Kaiser Karl gewesen war, einerseits, 
daß Italien versucht habe, mit Österreich-Ungarn zu Friedensbesprechungen 
») S. 164. 
2) Publications of the Departement of State (U.S.A.) in Verl. Mon. Hefte 
1937, S. 395 ff. 
3) Eine Niederschrift Kaiser Karls in der vom Prinzen Sixtus niedergelegten 
Fassung (den Urtext hatte er vernichtet) enthielt unter anderem die Sätze: „Wir werden 
Frankreich unterstützen und mit allen Mitteln einen Druck auf Deutschland ausüben ... 
Wir hegen die größte Sympathie für Belgien und wissen, daß es ungerecht behandelt 
worden ist. Die Entente und wir werden die von ihm erlittene ernste Unbill wieder gut- 
machen ... Wir sind durchaus nicht den Befehlen Deutschlands unterworfen und haben 
ja auch gegen Deutschlands Wunsch die Beziehungen zu Amerika nicht abgebrochen."
	        
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