Volltext: Die Kriegsführung im Frühjahr 1917 (12. 1939)

Gesamtlage beim Jahreswechsel. 
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Frankreichs Ministerpräsident Vriand — sonst ein Anhänger des 
Gedankens, den Feind nicht durch Angriff an der starken deutschen West¬ 
front, sondern durch Umfassung an den schwächeren Nebenfronten nieder- 
zuzwingen — entgegnete, daß das von Lloyd George vorgeschlagene Anter- 
nehmen monatelange Vorbereitungen beanspruchen und darum mit Sicher- 
heit die große Frühjahrsoffensive beeinträchtigen würde, von der General 
Nivelle entscheidende Ergebnisse erwarte. Aber Lloyd George meinte, daß 
man solche Versprechungen auch von Marschall Ioffre gehört habe; man solle 
einmal ebenso von der Überraschung Gebrauch machen, wie die Deutschen bei 
Verdun, bei Gorlice und in Rumänien. 
Auf Vorschlag des italienischen Außenministers Sonnino wurde 
General Eadorna gehört. Der aber äußerte mit Rücksicht auf seine vom 
Trentino her gefährdeten Verbindungen Bedenken gegen einen Angriff am 
Jsonzo. Er zweifelte auch an der Möglichkeit einer Überraschung des Fein- 
des sowie rechtzeitiger Rückgabe der schweren Artillerie und erklärte gründ- 
liche militärische Prüfung des Planes, wie sie Ministerpräsident Briand 
anregte, für unerläßlich. Diese ergab wenige Tage später, daß Vorbedingung 
des Angriffs immer die zuverlässige Deckung gegen das Trentino bleibe. 
Ohne Verstärkungen erklärte sich die italienische Heeresleitung außerstande, 
über den Monte Hermada nordwestlich von Trieft vorzudringen. Wenn der 
Angriff Erfolg haben solle, müßten zwischen die am Isonzo stehende italie- 
nifche 3. und 2.Armee drei bis vier Korps^) und 300 schwere Geschütze ein- 
geschoben werden. Dieser Aufmarsch ließe sich nicht vor dem 1. Mai, dann 
aber in verhältnismäßiger Sicherheit, bewerkstelligen, da zu diesem Zeitpunkt 
die gemeinschaftlichen Offensiven auf allen Fronten bereits im Gange sein 
würden. Der Plan des englischen Premierministers wurde an die militä- 
tischen Berater zurückverwiesen, was seiner Ablehnung gleichkam, denn diese 
zu seiner Ansicht zu bekehren, konnte nicht gelingen. Die Vereinbarungen 
von Chantilly aber durften, wie sie gemeinsam gefaßt worden waren, auch 
nur gemeinsam abgeändert werden. 
Über die Behandlung der Rußland und den Balkan betreffenden Fragen 
wurde man einig. Zur Regelung der Schiffahrtsfragen sollte möglichst bald 
eine neue Konferenz in London zusammentreten^). Zwecks beschleunigter 
Herbeiführung gemeinsamer Entschlüsse wurden alle zwei Monate statt- 
findende Konferenzen der leitenden Minister und weiterhin die Bildung 
eines interalliierten Generalstabes ins Auge gefaßt. 
1) In einer am 17. Januar an den italienischen Außenminister eingereichten 
Denkschrift verlangte Gen. Cadorna mindestens acht Divisionen. 
2) S. 99.
	        
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