Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

Betrachtungen. 
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Schlacht nur zu gut bekannt war. So mußten wir trotz aller Bedenken zu 
dem Mittel greifen, das die feindliche Materialüberlegenheit eindämmen 
konnte, nämlich zum rücksichtslosen U-Boot-Krieg ..." 
Nach dem Kriege schrieb General Ludendorf st): „Bei meiner 
Kenntnis vom Kriege und meiner hohen Bewertung des feindlichen Willens 
nahm ich die Zahlenangaben der Marine über die voraussichtliche Wirkung 
des uneingeschränkten U-Voot-Krieges nicht buchstäblich; ich war mir auch 
bewußt, daß wirtschaftliche und Verkehrsfragen besonders schwer ein- 
zuschätzen sind. Ich glaubte, auf eine entscheidende Wirkung wenigstens 
innerhalb Jahresfrist rechnen zu dürfen, also bevor Amerika mit seinen 
Neuformationen auf dem Plan erscheinen konnte. Vis dahin hosfte ich, 
durch die getroffenen und noch zu treffenden Maßnahmen die Lage zu Lande 
zu halten, falls der U-Boot-Krieg durch Störung des feindlichen Wirt- 
schaftslebens die Leistungen der feindlichen Kriegsindustrie beeinträchtigte 
sowie Munitionstransporte nach Frankreich verminderte. Hierauf legte ich 
für die nächsten Monate den größten Wert"*). 
Beide Darlegungen entsprechen der Auffassung, die General Luden- 
dorff am 22. Februar 1917 in Charleville gegenüber General von Kühl 
geäußert hat, als der Unterseekrieg gerade eingesetzt hatte und seine Erfolge 
die Erwartungen zu übertreffen schienen: „Man hofft alles davon. Anders 
ist nicht abzusehen, wie wir den Kampf zu Ende führen sollen"'). 
Der einzige Umstand, der angesichts der im Winter 1916/17 gegebenen 
Lage den Verzicht auf den Unterseekrieg hätte rechtfertigen können, wäre 
das Vertrauen zu erfolgreicher Vermittlung eines für die Mittelmächte 
tragbaren Friedens durch Präsident Wilson gewesen. Dieses Vertrauen 
hat die Oberste Heeresleitung damals nicht haben können. Aber auch weder 
der Reichskanzler noch ein irgendwie nennenswerter Teil des deutschen 
Volkes haben solchen Glauben gehabt. Daß sie damit geirrt hätten, ist bis 
heute unerwiesen. Ob die Absichten des Präsidenten richtig beurteilt 
worden sind oder nicht, ist eine neuerdings umstrittene Frage. Für die im 
Januar 1917 zur Entscheidung Berufenen bestand sie überhaupt nicht. Sie 
konnten nur handeln nach dem Bilde, das sich ihnen zu jener Zeit bot, und 
>) „Kriegserinnerungen", S. 249. 
-) Ähnliche Gedanken hat General Ludendorff später in einem Aufsatz: „Die 
Tragödie von Pleß am 9. Januar 1917" („Am Heiligen Quell Deutscher Kraft", 
Folge 21, vom S.Februar 1936) niedergelegt. Dort heißt es (S. 835 ff.): „Wenn 
andere in dem Einsatz der 5l-Boote den Endsieg sahen, so hatte das mit meinen 
nüchternen Erwägungen nichts zu tun. Kam er durch die !l-Boote, so war das um so 
beffer!" 
s) Tagebuchauszeichnung des Gen. von Kühl vom 22. Febr. 1917.
	        
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