Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

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O. H. L.: Unterseekrieg und Friedensangebot. 
8. und Im Laufe des Tages sandte er ein Telegramm an den Reichskanzler, in 
«.Januar. er mitteilte, „daß nach der militärischen Lage der verschärfte U-Voot- 
Krieg am 1. Februar einsetzen kann und daher auch einsetzen sollte". 
Der Reichskanzler hatte vor seiner Abreise von Berlin eine 
Unterredung mit den Staatssekretären Helfferich und Zimmermann. Mit 
diesen war er sich darüber einig, daß vor allem Weiteren das Auswirken der 
Friedensaktion, mindestens aber die Antwort der Entente an Präsident 
Wilson abgewartet werden müsse. Staatssekretär Helfferich arbeitete noch 
in der Nacht die ihm jetzt erst zugegangene Denkschrift des Admirals 
von Holtzendorff durch und drahtete darüber') an den Reichskanzler nach 
Pleß: Er halte die „Berechnungen des Admiralstabes über die augenblick- 
liche Versorgung Englands mit Brotgetreide und über die Möglichkeiten 
der weiteren Zufuhr ... eher für zu günstig für England als für zu 
ungünstig". Cr glaube aber, dem Kreuzerkrieg mit Unterseebooten als aus¬ 
reichend, vielleicht — „so paradox es klinge" — sogar als wirksamer, den 
Vorzug vor dem uneingeschränkten Unterseekrieg geben zu sollen. Bezüglich 
eines Eingreifens der Vereinigten Staaten war er der Auffassung, daß in 
diesem Falle „Amerika an dem Sieg Englands wie an einer eigenen Sache 
interessiert sei, und sich selbst Einschränkungen auferlegen werde, um die 
Versorgung seines Verbündeten sicherzustellen". Die Stellungnahme gipfelte 
in der Warnung, keine übereilten Entschlüsse zu fassen, denn augenblicklich 
arbeite die Zeit in Sachen der Versorgung Englands nicht gegen, sondern 
für uns. Der Januar und namentlich der Februar wären immer ungünstige 
Monate für den englischen Getreideimport, bis im März und April die argen- 
tinischen und australischen Ernten zugefahren werden könnten. Man sei also 
sehr wohl in der Lage, die Entscheidung über den uneingeschränkten Untersee- 
krieg noch für einigeWochen auszusetzen. Zum Schluß bat erdenKanzler, diese 
in der Eile gemachten Ausführungen nicht aus der Hand zu geben, sondern sie 
lediglich als Unterlage für seine Aussprache mit der Obersten Heeresleitung 
zu verwenden. Inwieweit der Kanzler das getan hat, ist nicht bekannt. 
Bei der Besprechung am 9. Januar zwischen Reichskanzler, General- 
feldmarschall und General Ludendorff in Pleß^) nahm der Kanzler den 
-) Anters. Aussch. Beil. 183. 
2) Aufzeichnung der O. H. L. vom 9. Jan. 1917 (abgedr. in Unters. Aussch. Beil. 
213) und Aussagen des Reichskanzlers vor dem Unters. Ausschuß am 31. Okt. und 5.Rov. 
1919 (Stenogr. Berichte des Unters. Aussch., S. 119 ff. und S. 252 ff.). Die Aufzeich- 
nung der O. H. L. ist nur von Oberst von Bartenwerffer unterschrieben und stellt eine 
Aktennotiz dar. Sie hat aber dem Kanzler im Jahre 1919 bei seinen Aussagen vor 
dem Anters. Ausschuß vorgelegen und ist dabei von ihm in keiner Weise angefochten 
worden. Seine Ausführungen deckten sich vielmehr durchaus mit dem Inhalte der 
Aufzeichnung.
	        
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