Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

416 
Der Krieg der Türkei. 
R»v«mh«r. Anfang November war der Obersten Kriegsleitung') ein ausführlicher 
Bericht des Chefs der deutschen Militär-Mission^), Generals Liman 
von Sanders, über die Lage von Ende Oktober zugegangen. Der General 
beurteilte die Lage wesentlich ungünstiger als die türkische Heeresleitung 
und war daher auch gegen die türkischen Kräfteabgaben für die mittel- 
europäischen Kriegsschauplätze^). Besondere Gefahren sah er für den Irak 
voraus. Er rechnete mit Wiederaufnahme des englischen Angriffs auf 
Bagdad und betonte die Schwäche der türkischen Streitkräfte bei K»t, 
die auf rechtzeitige Unterstützung durch die in Persien stehenden Teile nicht 
rechnen könnten und denen sonst keine namhaften Verstärkungen zugegangen 
wären. Für eine türkische Offensive im Irak fehlten nach seiner Auf- 
fasiung „alle Vorbedingungen". Wenige Tage später lief ein Bericht des 
Chefs des türkischen Generalstabes, Generalleutnants Friedrich Bronsart 
von Schellendorff, ein, der sich über die allgemeinen Zustände in der Türkei 
wenig günstig aussprach und Einzelheiten anführte, die die Erschöpfung des 
Landes und die Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung kennzeichneten'). Ende 
November folgte ein Bericht des dem Expeditionskorps gegen Ägypten zu¬ 
geteilten Oberstleutnants Freiherrn von der Goltz, der die Möglichkeit und 
Wahrscheinlichkeit eines englischen Angriffs auf Palästina behandelte und 
das erschreckende Mißverhältnis zwischen den starken britischen Angriffs- 
Mitteln und der schwachen türkischen Abwehr herausstellte. General 
von Bronsart gab der gleichen Auffassung Ausdruck. 
Diese Nachrichten ließen nicht nur weitere Verschlechterung der türki- 
schen Kriegslage, sondern auch die Rückforderung der in Mitteleuropa 
kämpfenden türkischen Divisionen möglich erscheinen, für die Ersatz nicht 
verfügbar war. Sie standen aber auch in starkem Gegensatz zur Haltung 
Enver Paschas, der gerade jetzt, Mitte November, außer der 26.°) noch 
Dezember, zwei weitere Divisionen für Europa angeboten hatte. Am 1. Dezember bat 
ihn Generalfeldmarschall von Hindenburg um seine Auffassung über die 
Lage. Besonders wünschte er zu wisien, was die türkische Heeresleitung 
gegen eine etwaige englische Unternehmung gegen Palästina zu tun gedenke, 
und ob ihre Ansichten über feindliche Unternehmungen im Irak und gegen 
Konstantinopel die gleichen geblieben seien wie bisher. Darüber hinaus 
hielt General Ludendorff eine persönliche Aussprache mit General von Liman 
für erwünscht und erbat desien Besuch in Pleß. 
Am 4. Dezember lag die Antwort Enver Paschas vor. Einen neuen 
Angriff auf die Dardanellen hielt er für unwahrscheinlich, einen Angriff auf 
1) S. 23. — 2) Vd. IX, S. 136. — 8) 23b. X, S. 614/15. — 4) Nach einer Zu- 
schrift der Kriegsgesch. Abtlg. des Türk. Genst. vom Jan. 1937 habe General 
von Bronsart die Lage der Türkei zu düster beurteilt. — 5) S. 278.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.