Volltext: Die Kriegsführung im Herbst 1916 und im Winter 1916/17 : vom Wechsel in der Obersten Heeresleitung bis zum Entschluß zum Rückzug in die Siegfried-Stellung (11. 1938)

392 Die Kämpfe an der russischen Front: Brussilow-Offensive. 
Dezember. Die unglückliche Kriegführung Rumäniens hatte die russische Heeres¬ 
leitung genötigt, einschließlich der 9. Armee nach und nach 15 Korps mit 
35 Infanterie-Divisionen und 13 Kavallerie-Divisionen, also etwa ein 
Viertel ihrer Gesamtkräfte, in den Abschnitt von der rumänischen Nord- 
grenze bis zum Schwarzen Meere zu entsenden. Rumäniens Eingreifen in 
den Krieg hatte die russische Front um mehr als 400 Kilometer verlängert 
und mit neuen Gefahren belastet. Die Enttäuschung war groß. Mit dem 
Geiste der rumänischen Soldaten war man nicht sehr zufrieden; man hatte 
den Eindruck, daß gar manche die Wetterführung des Kampfes als nutzlos 
ansahen und auch befürchteten, Rußland werde die Moldau, in der nun 
seine Truppen standen, vielleicht niemals wieder herausgeben^). 
4. Schlußbetrachtungen zur Vrussilow-Gffenstve^). 
Die Russen hatten ihr Ziel, österreich-Ungarns Widerstand end- 
gültig zu brechen, trotz Rumäniens Waffenhilfe nicht erreicht. Seit Ende 
August hatten sie nur noch ganz geringe Fortschritte gemacht. Ihr Ge- 
samtgeländegewinn war wohl räumlich recht bedeutend, fiel aber operativ 
gesehen kaum ins Gewicht. Wesentlicher war schon, daß ihnen ihre fünf¬ 
monatigen Anstürme alles in allem 450 000 Gefangene') und zahlreiche 
sonstige Kriegsbeute gebracht hatten. Das bedeutete eine überaus bedenkliche 
Zermürbung des öfterreichisch-ungarischen Heeres, zu dessen Lasten die Ver¬ 
luste in erster Linie (an Gefangenen zu etwa 90 v. H.) gingen. Daneben 
und im Zusammenhang damit stand die Fesselung zahlreicher deutscher 
Divisionen, die an anderer Stelle dringend gebraucht wurden. Mit diesem 
Ergebnis aber hatte Rußland nicht nur geleistet, was eben in seinen 
Kräften stand, sondern auch zur Gesamtkriegführung der Entente im 
Sommer und Herbst 1916 Entscheidendes beigetragen. Verluste hatte es 
dabei nicht gescheut. Sie waren zu ungeheurer Höhe angeschwollen; sichere 
Angaben fehlen, Schätzungen bewegen sich um 1 200 000 Mann herum. 
Diese auch für russische Verhältnisse außerordentlich hohe Zahl erklärt 
sich vor allem aus rücksichtslosem Einsatz von Infanteriemassen, die im all- 
gemeinen mit vorbildlicher Tapferkeit, gelegentlich aber auch mit den 
äußersten Mitteln des Zwanges vorwärtsgetrieben, immer wieder von 
neuem gegen die Stellungen der Mittelmächte anrannten, um auszugleichen, 
was an artilleristischer Kraft fehlte. 
1) Vgl. S. 396. 
2) Anschluß an 23b. X, 6.564 ff. 
3) A. Brussilow: „Meine Erinnerungen", S. 190 ff.
	        
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