Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

Der Winter 1914/15. 
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Generalstabschef im Hinblick auf die von Gmnd aus gewandelte Lage und 
die alle bisherigen Vorstellungen weit übertreffende Bedeutung, die den wirt- 
schaftlichen Faktoren der Kriegführung zugebilligt werden mußte, den Weg der 
Rettung nur noch in „vorsichtigem Haushalten mit den Mitteln Deutschlands 
und seiner Verbündeten". Der hiermit für die Gesamtkriegführung als 
beherrschend hingestellte Gesichtspunkt defensiver Selbstbehaup- 
t u n g bedeutete auch für die militärische Kriegführung zu Lande eine starke 
Herabsetzung der Ziele. Wohl bewahrte das gesunde Empfinden für die 
Grundbedingungen jeglicher kriegerischen Leistung General von Falken- 
Hayn vor der letzten Schlußfolgerung, „daß lediglich duldendes Ausharren 
in der Verteidigung"') noch Erfolg versprechen könne. Er war vielmehr 
überzeugt davon, daß „unter allen Umständen durch Handeln im Angriff" 
den Feinden „eingehämmert" werden müsse, „wie wenig sie imstande seien, 
den Preis für unsere Überwältigung zu zahlen"'). Es liegt aber auf der 
Hand, daß mit solcher eng begrenzten Zielsetzung für das praktische „Handeln 
im Angriff" von vornherein auf jeden großen Plan, auf jede Einigung mit 
der verbündeten Heeresleitung über die Führung von Operationen auf weite 
Sicht verzichtet wurde. Darin lag die Gefahr, daß die bisher gewahrte 
Initiative der Kriegführung verlorenging. Den Feinden stand e§ frei zu 
handeln, wie sie wollten. 
Aus dieser Grundeinstellung des Generals von Falkenhayn zur Frage 
der Fortführung des Landkrieges erklärt sich, daß er den um die Jahres- 
wende 1914/15 an ihn herantretenden Wünschen der Führer im Osten 
auf Hergabe beträchtlicher frischer Kräfte, insonderheit der Neubildungen 
in der Heimat, mit starker Zurückhaltung begegnete. Wenn auch das Er- 
gebnis der bisherigen Operationen an der Ostfront trotz glänzender Teil- 
erfolge des Oberbefehlshabers Ost, an den Zielen entscheidungsuchender 
Kriegführung gemessen, als unzureichend bezeichnet werden mußte, so gab 
es allein doch noch keine Berechtigung zu einer so weitreichenden Schluß- 
folgerung, wie sie der Generalstabschef bei seiner Stellungnahme zu einem 
Operationsvorschlage des Generals von Wild mit den Worten zog, daß 
„wir ein völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie erreichen"2) 
würden. Eine so radikale Feststellung war nur erklärlich aus grundsätz- 
lichen Erwägungen über die ungewöhnlich großen Schwierigkeiten, die 
angesichts der bestehenden Stärkeverhältnisse und der dauernd drohenden 
Gefahr im Westen jeder auf Entscheidung zielenden Offensive aus der 
Eigenart des unermeßlich weiten russischen Kriegsschauplatzes erwuchsen. 
Dabei läßt sich nicht bestreiten, daß General von Falkenhayn sowohl mit 
') von Falkenhayn, a. a. £)., S. 245. 
2) Band VII, S. 5.
	        
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