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Die Ereignisse am Balkan und an der Front der Türkei.
Frühjahr, anderen Hälfte wollte General Halil Pascha Mitte Juni die Operationen
im hochgelegenen persischen Grenzgebiet wieder aufnehmen, um die Russen
aus ihrer gefährlichen Flankenstellung zu vertreiben und den verlorenen
Boden wiederzugewinnen. Der Hauptstoß war von Hanikin auf Kerman-
schah gedacht, während eine schwächere Abteilung von Mosul über Sulei-
manie vorgehen sollte. Endlich war eine kleine Unternehmung nach Süd-
persien geplant.
Auf wesentliche Mitwirkung von persischer Seite war einstweilen
nicht zu rechnen. Wohl waren im Lauf des Frühjahrs weitere deutsche
Offiziere, leichte Geschütze und Maschinengewehre überwiesen worden, die
den Rahmen für persische Formationen abgeben sollten. Aber der unglück¬
liche Verlauf der bisherigen Unternehmungen machte die deutsche Arbeit
äußerst schwierig. Immer deutlicher trat in Erscheinung, daß, wie General-
feldmarschall von der Goltz mehrfach betont hatte, Persien nur durch erfolg-
reichen Einsatz starker militärischer Machtmittel mitzureißen war. Da diese
nicht aufgebracht werden konnten, warnten die im Irak tätigen deutschen
Offiziere besonders nach dem Hinscheiden des Feldmarschalls und dem
Rückschlag vom Frühjahr durchweg vor weiterer deutscher Beteiligung an
dem persischen Unternehmen. Es sprach dabei mit, daß die Türken in der
persischen Frage mit den Deutschen nicht einmütig zusammenarbeiteten, in
der Besorgnis, Deutschland verfolge im türkisch-persischen Grenzgebiet
eigensüchtige Ziele. Andererseits waren der inzwischen zum Militärbevoll-
mächtigten in Konstantinopel ernannte Generalmajors von Lossow und
das Auswärtige Amt aus Geltungsgründen entschieden für Fortführung
des persischen Unternehmens. Ihrer Auffassung schloß sich General
von Falkenhayn an.
bis August Anfang Juni kam die Offensive gegen die Russen in Persien in Gang.
Während das türkische XVIII. Korps, allerdings nur 8000 Gewehre, gegen-
über den auf 18 000 Mann geschätzten Engländern^) südlich von Kut stehen-
blieb, ging das XIII. Korps mit etwa 15 000 Mann von Hanikin zum
Angriff gegen die Russen vor. Deutsche Pivnier-Osfiziere und Kraftwagen-
Kolonnen nahmen daran teil. Mitte Juni wurden die Russen über die
Grenze geworfen, am 2.Juli rückten die Türken in Kermanfchah ein.
Weiteres Vorgehen auf Hamadan war geplant. Der Vorstoß einer
schwächeren Abteilung über Suleimanie blieb an der Grenze stecken. Da
bei Kut Ruhe herrschte, gingen die Operationen weiter. Am 10. August
wurde Hamadan genommen, auch nördlich von Suleimanie waren türkische
') Ende April zu diesem Dienstgrade befördert.
2) Tatsächlich 25 000 Mann (3., 7., 13., 14. Z. D. und einige Sonderverbände);
brit. amtl. Werk: „The Campaign in Mesopotamia", Vand III, ©.2 ff.