Die Lage vor Saloniki.
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Griechenland, denn es handelte sich um den Hauptzugang zu dem
von den Vulgaren heiß begehrten Lande östlich dieses Flusses. Die deutsche
Zusicherung, alle besetzten Gebietsteile nach Abschluß der militärischen Ope-
rationen sofort wieder zu räumen, bestimmte König Konstantin jedoch dazu,
an der Neutralität festzuhalten. Er geriet damit in schwierige Lage gegen-
über der Entente, die Griechenland geheimes Einvernehmen mit den Mittel-
mächten vorwarf, Anfang Juni über das ganze Land die Blockade ver-
hängte und unter diesem Drucke neben der Erfüllung politischer Forderungen
Ende Juni die Demobilmachung der gesamten griechischen Streitmacht er-
zwang mit Ausnahme der beiden Korps, die östlich der Struma die von den
Vulgaren begehrten Gebietsteile schützten.
Inzwischen hatte die Heeresgruppe Mackensen angesichts der Not an
der österreichisch-ungarischen Front gegen Rußland ihren Generalstabschef,
Generalmajor von Geeckt, und die 105. Infanterie-Division abgegeben').
Der Stellvertreter des Generalstabschefs, Oberst Hentsch, hatte vor-
geschlagen, dem jetzt erst recht erwarteten feindlichen Angriff durch eine
Stellungsverbesserung an der Front der bulgarischen 1. Armee zuvor-
zukommen, bei der griechisches Gebiet betreten werden mußte. General
von Falkenhayn hatte das jedoch am 21. Juni abgelehnt, da er an
solchen Angriff zunächst nicht glaubte, vor allem aber mit Rücksicht auf die
Verhältnisse in Griechenland. Solange dessen Armee mobil war, bestand
die Gefahr, daß ein Zusammenstoß bulgarischer Truppen mit griechischen
dm Übertritt Griechenlands zur Entente bringen könne. Diese Gefahr
schwand mit der Demobilmachung des griechischen Heeres. Sobald sie
durchgeführt war, bestanden keine Bedenken mehr dagegen, daß die Heeres-
gruppe Mackensen sich auch auf griechischem Boden mit derselben Freiheit
bewegte, die die Entente-Truppen schon seit neun Monaten genossen und
ausnutzten.
In Bulgarien zeigte sich seit den Erfolgen der russischen
Vrussilow-Offensive zunehmendes Mißtrauen gegen Österreich-Ungarns mili-
täusche Kraft, das — wie der deutsche Militärattache, Oberst von Mafsow,
am 14. Juni berichtete — „eine uns nicht förderliche Propaganda stärkt".
Hierzu kämen Befürchtungen hinsichtlich Rumäniens; man fange an,
sich der Lage des Jahres 1913 zu erinnern. Da aus allen diesen Gründen
der Wunsch nach einheitlichem deutschen Oberbefehl über die gesamte Ost-
front dringender werde, habe ihn der Kronprinz im Auftrage des Königs
zu sich gerufen. Daß damit die bulgarischen Truppen an der rumänischen
Grenze unter deutschen Befehl treten würden, sei selbstverständliche Vor-
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