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Die Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/16.
Anfang
Februar.
„Wie jeder Armee, so gönnt die Oberste Heeresleitung herzlich auch
der 3. die Durchführung einer aussichtsvollen Offensive. Dafür kann aber
nicht der . . . empfohlene Kräfteeinsatz, der fast überall hübsche Erfolge ver-
heißen würde, in Frage kommen. Sicher müßte der Feind gegen solchen
Stoß starke Reserven zusammenziehen. Aber ebenso sicher ist bei seinem
Kräfteüberschuß, daß er trotzdem in der Lage wäre, mit gewaltiger Äber-
legenheit gegen eine andere und notwendig schwache Frontstelle bei uns zu
drücken. Denn wir könnten so hohe Forderungen, wie sie vom Armee-
Oberkommando gestellt werden, nur unter übermäßiger Entblößung der
ganzen sonstigen Front von Reserven erfüllen. Das ist nicht zulässig.
Anser Problem ist eben, mit verhältnismäßig be-
scheidenem eigenen Aufwand dem Gegner schweren
Schaden an entscheidender Stelle zuzufügen. Wir
dürfen doch auch nicht übersehen, daß die bisherigen Kriegserfahrungen
mit Massenaufgeboten an Menschen wenig zur Nachahmung einladen. Es
scheint fast, als ob die Frage ihrer Leitung und Versorgung nicht zu lösen
sei. Mit diesen Darlegungen soll aber nicht gesagt werden, daß der Haupt-
gedanke des dortigen Planes: »Durchstoß in südlicher Richtung in Gegend
zwischen Prunay und St. Hilaire le Grands mit anschließendem Vorgehen
gegen den östlich der Durchbruchsstelle stehenden Feind« fallen gelassen
werden muß. Im Gegenteil wird gebeten, die Frage baldigst zu prüfen,
wie ein derartiges Unternehmen freilich nur mit fünf bis sechs Divisionen
in erster Linie und drei bis zwei in zweiter, ausgestattet mit je einer
schweren Steilfeuerbatterie auf 150 Meter der Angriffsfront und abgesehen
von den jetzt schon am Ort befindlichen Truppen, am zweckmäßigsten vor-
bereitet wird."
Hiermit bekannte sich General von Falkenhayn aufs neue zu der schon
in der Weihnachtsdenkschrift und im Gespräch mit Generaloberst von Eon-
rad am 3. Februars vertretenen Anschauung, daß verhältnismäßig schwache
Kräfte bei richtigem Anfatz im Stellungskriege bessere Angriffserfolge er¬
zielen könnten als Massenstürme, wie sie der Feind im letzten Herbst ver-
sucht hatte. Der Kräftezuschuß, den er der 3. Armee in Aussicht stellte, war
etwa der gleiche wie vorher bei dem Auftrage an die 6. Armee. Sicherlich
hatte der Generalstabschef bei seiner ersten Aufgabenstellung an die 3. Armee
am I.Februar nicht gemeint, daß diefe mit einem Zuschuß von nur acht
Divisionen und entsprechend starker schwerer Artillerie bis Vitry le Fran-
9 D. h, zwischen Vesle und Snippes. Genaue Lage der Orte s. Skizze 1 zu
Band IX.
-) S. 12und 18.