Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

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Die Ostfront. — Vrussilow-Offensive. 
5. Juni, stand nur unter schwachem Feuer. Nach Gefangenenaussagen waren aber 
in Tarnopol Teile der russischen Garde eingetroffen, starke Kräfte schienen 
sich hier zu versammeln. Vor der Heeresgruppe Böhm-Crmolli 
verstärkte sich der Gegner im Räume von Krzemieniee. Vei der ö.-u. 
1. Armee hatte er nördlich Sopanow einige Fortschritte erzielt. Die öfter- 
reichisch-ungarischen Truppen hatten schwere Verluste erlitten. Die Heeres- 
gruppe beantragte dringend die Zuweisung der ö.-u. 25. Infanterie-Division. 
Vei der ö.-u. 4. Armee hatte das Artilleriefeuer des Vortages, 
wie sich in der Nacht zum 5. Juni herausstellte, doch starke Beschädigungen 
der Stellungen verursacht. Die Verluste hielten sich aber in erträglichen 
Grenzen; die ungarische 70. Infanterie-Division, die wohl am stärksten ge- 
litten hatte, zählte bisher im ganzen 57 Tote und 170 Verwundete bei 
einer Gesamtstärke von rund 12 900 Gewehren. Die Verluste des Gegners 
schienen weit größer zu sein; 1900 tote und verwundete Russen sollten vor 
der Front liegen'). Beim Heeresgruppenkommando war man voller Zu¬ 
versicht. Die 4. Armee werde sich freuen, daß sie recht behalten habe und 
der Gegner nun wirklich angreife, hatte General v. Stolzmann in seinem 
Tagebuch niedergeschrieben. Generaloberst von Linsingen hatte den Ver¬ 
teidigern sagen lassen, er wäre überzeugt, daß jeder Führer mit seiner 
Truppe von dem Gedanken beseelt sei, daß „Ausharren in den Stellungen 
bis zum letzten Mann erforderlich sei, um die seitens der Russen zum Aus- 
gleich der Erfolge in Südtirol unternommenen schwächlichen Angriffe zu- 
nichte zu machen". Für den Fall örtlicher Durchbrüche hatte er empfohlen, 
die Reserven in einheitlichem, möglichst umfassendem Gegenstoß zu ver¬ 
wenden. Andererseits hatte sich der Armeeführer, Erzherzog Joses Fer- 
dinand bereits genötigt gesehen, Sparen mit Artilleriemunition zu befehlen. 
In der Nacht zum 5. Juni und am frühen Morgen nahm die Heftigkeit 
der russischen Infanterieangriffe zu. Da sie alle abgewiesen wurden und der 
Erzherzog durchaus hoffnungsvoll berichtete, rechnete Generaloberst von Lin- 
singen mit völligem Mißerfolg des Feindes. In diesem Sinne meldete 
er morgens an die Oberste Heeresleitung. Im Lause des Tages gewann 
die Lage aber ein ungünstiges Aussehen. Das erste Anzeichen des Um¬ 
schwungs war eine Meldung der ö.-u. 4. Armee, die um 102S vormittags 
eintraf und besagte, daß nach sehr heftigem Trommelfeuer nordwestlich von 
Olyka ein starker russischer Angriff eines der dortigen Regimenter zum 
Rückzüge in die zweite Stellung gezwungen habe. Dem X. Korps sei daher 
die ganze 13. Infanterie-Division zur Verfügung gestellt worden, um die 
erste Stellung wieder zu nehmen. Allmählich stellte sich aber heraus, daß 
der Gegner die Mitte der Armee, die ö.-u. 2. und die ungarische 70. In¬ 
>) Österr. amtl. Werk, Band IV, S. 378 und 387.
	        
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