Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

Ostkrieg, Somme-Schlacht und Verdun. 
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ausgesprochen, daß die Entwicklung der Dinge die Engländer dazu zwingen 
würde, dem bei Verdun hart bedrängten französischen Bundesgenossen wohl 
oder übel durch einen Entlastungsangriff zu Hilfe zu kommen. Von Ansang 
Mai an schien kein Zweifel mehr, daß ein solcher Angriff an der Somme 
bevorstehe. Anfang Juni rückte er in nahe Sicht. Freilich hatten sich die 
Verhältnisse inzwischen völlig anders gestaltet, als der deutsche General- 
stabschef um die Jahreswende gehofft hatte. Von mangelhaften Vorberei- 
tungen und übereiltem Ansatz konnte keine Rede sein. Immer mehr ver- 
stärkte sich der Eindruck, daß die Engländer ihren Aufmarsch zum Angriff 
nach gründlichen Vorbereitungen planmäßig und mit starkem Kräfteaufgebot 
vollzogen. 
Wenn General von Falkenhayn in dieser ihm unerwarteten und un- 
erwünschten Lage die im Frühjahr ergriffene Vorhand sich wahren wollte, 
so gab es dafür verschiedene Möglichkeiten. Entweder durchkreuzte er den 
Plan der Engländer durch eigenen raschen Stoß in ihren noch nicht voll- 
endeten Aufmarsch hinein, oder er machte sich bereit, den feindlichen Ansturm 
zunächst abzuwehren und dann mit blitzendem Vergeltungsschwert den 
Gegenangriff zu führen. Auch eine Verbindung beider Verfahren war 
denkbar, indem zunächst vorbeugend nur ein räumlich engbegrenzter Teil- 
angriff erfolgte, etwa in der Form, wie ihn die 2. Armee bis zur Ancre 
noch Anfang Juni vorschlug, während die Hauptkräfte für den Gegen- 
angriff aufgespart wurden. In allen diesen Fällen aber war unverzüg- 
liches Handeln geboten. Denn auch ein erst später einsetzender Gegen- 
angriff hatte nur Aussicht auf entscheidenden Erfolg, wenn rechtzeitig durch 
Zuführung von Verstärkungen und vermehrten Stellungsausbau Vorsorge 
getroffen wurde, daß der deutsche Deich gegen die anbrandende Sturmflut 
gehalten werden konnte. Wofür man sich auch entscheiden mochte, die Kräfte 
und Kampfmittel, die zu entscheidungfuchender Schlachtführung an der 
Somme benötigt wurden, waren nur zu gewinnen, wenn zuvor der Angriff 
im Maas-Gebiet stillgelegt wurde. Daß darin auf der anderen Seite auch 
der Keim zu neuen ernsten Gefahren lag, läßt sich freilich nicht bestreiten. 
General von Falkenhayn hat sich solchen Überlegungen keineswegs 
verschlossen. Eine Zeitlang hat er sich wohl auch ernsthaft mit der Ab- 
ficht getragen, dem Angriff der Engländer an der Somme zuvorzukommen. 
Anfang Juni indessen ist diese Absicht nicht mehr erkennbar, selbst nicht in 
der abgeschwächten Form eines kurzen Teilvorstoßes bis zur Ancre. An 
ihre Stelle tritt noch vor Bekanntwerden der großen Erfolge der russischen 
Offensive gegen die österreichisch-ungarische Front der Gedanke, den Angriff 
der Engländer zunächst aufzufangen und dann erst zum Gegenschlage aus- 
zuholen. An diesem Gedanken hat General von Falkenhayn auch noch 
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