Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

290 Die Oberste Heeresleitung bis zum Beginn der Somme-Schlacht. 
Seit dem Beginn des Angriffs auf Verdun waren nunmehr fast ändert- 
halb Monate vergangen. Der verheißungsvolle Auftakt der ersten Tage 
hatte zunächst den Anschein erweckt, als ob General von Falkenhayn mit der 
Wahl der Angriffsstelle und mit der Bemessung des Kräfteeinsatzes das 
Richtige getroffen habe. Mehr und mehr hatte sich dann aber mit der nüch¬ 
ternen Erkenntnis des unzureichenden Erfolges zugleich das dumpfe Gefühl 
in die Seele °des Feldherrn geschlichen, daß statt der erhofften schnellen Cnt- 
scheidung, die zum Greifen nahe schien, eine Krisis entstanden und in stän- 
digem Wachsen war, deren Schwere und Ausgang sich noch gar nicht er- 
messen ließ. Wir wissen nicht, ob General von Falkenhayn sich Rechenschaft 
darüber gegeben hat, daß an dieser Krisis kein anderer die Schuld trug als 
der verantwortliche Leiter der Operationen selbst, der entgegen allen ihm 
erteilten Ratschlügen darauf bestanden hatte, das ihm vorschwebende Ziel 
durch einen schmal und ohne Tiefengliederung geführten Stoß in denkbar 
schwierigen Gelände- und Kampfverhältnissen zu erreichen. Soviel aber 
wissen wir, daß er von Anfang März an mit steigender Unruhe sich das 
Hirn darüber zergrübelt hat, ob und wie es möglich sei, von diesem Verdun 
wieder loszukommen, ohne die in kühnem Entschluß ergriffene Initiative 
aus der Hand zu geben. Der Schriftwechsel mit dem Oberkommando der 
ö. Armee um die Monatswende März/April ist ein deutlicher Beweis 
dafür, wie schwer es ihm geworden ist, sich zu der Erkenntnis durchzuringen, 
daß jetzt zunächst gar nichts anderes übrigblieb, als alle Kraft an die Fort- 
führung der einmal in Angriff genommenen Aufgabe zu setzen. 
Reben der schweren Enttäuschung über den unerwarteten Verlauf des 
Kampfes im Maas-Gebiet lastete auf dem Generalstabschef die zunehmende 
Erkenntnis, daß die russische Gefahr') keineswegs in dem Maße 
beseitigt war, wie er angenommen hatte, als er sich im Winter für den 
Angriff im Westen entschied, und daß die Eröffnung des uneinge- 
schränkten5lnterseekriege s*), die im Gesamtplan für die Nieder- 
zwingung Englands eine entscheidende Rolle spielte und ursprünglich etwa 
für Anfang März in Aussicht genommen war, auf absehbare Zeit nicht er- 
reichbar schien. Inwieweit solche Erkenntnis auf das Herumtasten des 
Generalstabschefs nach einer neuen Lösung für die Kampfführung an der 
Westfront von Einfluß gewesen ist, steht dahin. Daß ihm die Untersee- 
kriegsfrage seit Anfang März, also etwa seit der gleichen Zeit, da er seine 
Hoffnungen auf die Wirkung des Verdun-Angriffs zerfließen sah, schwerste 
Sorgen bereitet hat, kann aber als sicher angesehen werden. 
>) S. 427 ff, — -) S. 16.
	        
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