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Die Herbstschlacht im Artois und in der Champagne.
ruhig verhielt, gleichfalls britische Angriffe erfolgt, nachdem die am Abend
des 24. versuchten sämtlich zusammengebrochen waren. Doch schien der am
Morgen bei der 6. bayerischen Reserve-Division mit Hilfe von Gas ge-
glückte Einbruch nach den eigenen Worten des Armee-Oberkommandos
„nicht bedeutend" zu sein. Im Bereiche der 3. Armee dauerte das feindliche
Artilleriefeuer beim XII. und VIII. Reservekorps mit unverminderter
Heftigkeit an. In einer Nachtragsmeldung sagte das Oberkommando:
„Allgemeiner Eindruck: Feind hat aus völligem Mißerfolg seiner gestrigen
Angriffe erkannt, daß sein Trommelfeuer noch nicht gereicht hat, die Stel-
lung sturmreif zu machen. Das Artilleriefeuer hat sich, wenn möglich,
gegen gestern noch verstärkt."
Diese Meldungen schloffen noch nicht die Deutung aus, daß die
Franzosen in der Tat nicht die Kraft und Entschlossenheit zur Durch-
führung des Angriffs hätten, sondern nur mit einem solchen drohten.
General von Falkenhayn sah sich jedenfalls nicht veranlaßt, neue Ent-
schließungen hinsichtlich der Verwendung oder Vermehrung seiner Reserven
zu fassen. Die Vesichtigungsreise wurde daher fortgesetzt. In ihrem Ver-
laus trafen der Kaiser und der Chef des Generalstabes des Feldheeres etwa
um 12° mittags in Stenay, dem Hauptquartier der ö. Armee, ein. Dort
freilich änderte sich mit einem Schlage das bisher
zähe se st gehaltene Vild. Annähernd zur selben Zeit wie die
Oberste Heeresleitung kamen in Stenay Meldungen der 6. und der 3. Armee
an, die keinen Zweifel mehr an dem Ernst der Lage zuließen.
Ein Fernspruch des Oberkommandos der 3. Armee an das der 5. be-
richtete in äußerster Kürze: „Gegner in Gegend Souain—Somme Py durch-
gebrochen. Näheres noch nicht bekannt. Ersuchen an A. O. K. 5 mit
Truppen auszuhelfen." Das letztere, selbst durch die Sorge um das
XVIII. Reservekorps in Anspruch genommen und außerstande, Hilfe zu
leisten, legte den Spruch dem eben eingetroffenen Chef des Generalstabes
des Feldheeres vor. Gleichzeitig erhielt dieser einen solchen vom Armee-
Oberkommando 6: „Gegner ist durch Gasangriff bei Haisnes und Loos in
die Stellung des IV. Armeekorps, westlich Aubers in die Stellung des
VII. Armeekorps eingebrochen. Die ganze Armeereserve und die 8. Infan-
terie-Division mußten dem IV. Armeekorps zur Verfügung gestellt werden.
Weitere Verstärkungen der Armee sind unbedingt notwendig." In einem
Ferngespräch mit dem Oberbefehlshaber der 3. Armee erhielt General
von Falkenhayn die Bestätigung, daß dort die Lage als ernst angesehen
werde, und daß die Heranführung von Unterstützungen — „mehrerer Divi-
sionen" — dringend erforderlich sei.
Plötzlich war damit die Auffassung, daß es dem Feinde an Kraft zur