Kämpfe der Njemen-Armee.
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madste das I. Reservekorps unter General von Morgen (36., 1. und 78. Re¬
serve-Division) gegen die Nordwestfront des Brückenkopfes Fortschritte und
brachte 1350 Gefangene ein. Dann aber begannen am 9. Oktober heftige
russische Gegenangriffe, die sich am 11., 14. und 17. Oktober wiederholten
und auch weiter nach Süden ausdehnten. Erfolg hatten sie nirgends.
Auf deutscher Seite war man genötigt gewesen, sich einstweilen zurück¬
zuhalten, da schwere Artillerie und Munition knapp waren und die über¬
aus ungünstigen Cisenbahnverhältnisse rasche und geregelte Zufuhr aus¬
schloffen. So konnte der Angriff gegen die Rordwestftont nach Verstärkung
der Artillerie erst am 23. Oktober wieder aufgenommen werden. 14 Bat¬
terien schwersten und schweren Steilfeuers bereiteten den Sturm der
2. Infanterie-, 78. und 1. Reserve-Division vor, die dann auf zehn Kilo¬
meter Breite in die feindlichen Stellungen einbrachen. Sie erreichten Illuxt,
erbeuteten 3700 Gefangene und 12 Maschinengewehre und brachten den
gegen die Düna-Brücken zurückflutenden russischen Massen nochmals außer¬
ordentlich schwere blutige Verluste bei. Dann aber kam der Angriff zum
Stehen. Ein am 26. Oktober erreichter weiterer Erfolg hatte nur noch ört¬
liche Bedeutung.
Insgesamt war man trotz des Einsatzes stärkerer Artillerie und trotz
aller Anstrengungen der Truppe dem Ziele, die Düna-Linie zu erreichen,
doch nicht entscheidend näher gekommen; dazu hätte es bei der Breite und
Tiefe des Angriffsraumes wesentlich stärkerer Angriffskräfte bedurft, als
die Cisenbahnlage heranzuführen und mit Kriegsbedarf auszustatten ermög¬
lichte. Daß seit dem 1. Oktober, zwei Monate früher als ursprünglich
veranschlagt, die Verbindungsbahn Vajohren—Prekulw) in Betrieb ge¬
nommen und damit eine von der Seeverbindung unabhängige Linie nach
Schauten—Poniewiez und nach Mitau eröffnet war, hatte die Lage zunächst
nur wenig erleichtert, denn die Leistungsfähigkeit der neuen Strecke war
einstweilen noch sehr gering. Der Gegner hielt auf dem Westufer der
Düna auch jetzt noch einen Brückenkopf, der sich von der Festung Dünaburg
gut 20 Kilometer weit nach Norden zog und etwa zehn Kilometer
Tiefe hatte. Dem Oberbefehlshaber Ost erschienen die erzielten
Fortschritte im Rahmen der Gesamtlage unbefriedigend. Cr befürchtete
den Eintritt des Frostes, bevor die Truppe zum Ausbau der Dauerstellung
käme, und regte daher am 27. Oktober an, den Angriff einzustellen. General
von Be low aber, wie General von Morgen und ihre Unterführer,
erhofften von der Gewinnung des Düna-Afers eine entscheidende Ver¬
besserung der Stellungen und glaubten auch, das Abbrechen des Angriffs,
23. bis
26. Oktober.
27. bis
30. Oktober.
*) S. 458 und 548.
t Weltkrieg. VIII. Band.
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