Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna. 
kommando auch durchaus anerkannt. Wirksam zu helfen, war jedoch nur 
möglich, wenn man die Vorwärtsbewegung anhielt. Das aber konnte 
nicht in Frage kommen, solange man bei der 10. Armee noch auf Erfolg 
hoffte. Als die Wilna-Operation abgebrochen wurde, war hinsichtlich des 
Nachschubs die Grenze des Möglichen ebenso erreicht wie hinsichtlich der 
Kräfte der Truppe: „Sie muß auch erst mal zur Ruhe kommen", schrieb 
damals ein Generalstabsoffizier des Oberbefehlshabers Ost nieder3), 
„Hemden und Stiefel erhalten; alles ist abgeriffen. Dann müffen die 
Eisenbahnen der Truppe nachkommen ..." 
Die deutsche Truppe und ihre Führung hatten nach über¬ 
einstimmendem Urteil aller an maßgebender Stelle Beteiligten wieder ein¬ 
mal „Übermenschliches" geleistet. „Das Vormarsch- und Kampfgelände 
stellte dauernd höchste Anforderungen an Mann und Pferd durch seine teils 
sumpfige, teils tief sandige und dicht bewaldete Vodenbeschaffenheit, die die 
Übersicht und das Zusammenwirken der Waffen außerordentlich erschwerte. 
Dabei hatten die Divisionen in Breiten zu kämpfen, die die normalen eines 
Armeekorps übertrafen — einem Feinde gegenüber, der sich in vorberei¬ 
teten Stellungen zäh verteidigte"3). — Line besondere und ihrer Eigenart 
entsprechende Aufgabe war der Kavallerie zugefallen, die in weitausholender 
Bewegung und mehrfachen Hin- und Hermärschen der Infanterie voraus 
Hunderte von Kilometern durchmeffen und dabei die an Zahl kaum unter¬ 
legene russische Kavallerie überall leicht zurückgedrückt hatte. Stärkeren 
Widerstand zu brechen oder für längere Zeit das Vordringen russischer 
Infanterie-Divisionen zu verhindern, mußte ihre Kraft übersteigen. Sie 
hat aber auch darin geleistet, was bei damaliger Bewaffnung und Aus¬ 
rüstung zu leisten war. „Unsere Kavallerie muß sich die Tatkraft, den Mut 
und den unbegrenzten Betätigungsdrang der deutschen Kavallerie zum Vor¬ 
bild nehmen", hieß es in einer Anweisung der russischen Nordwestfront aus 
jener Zeit3). 
Alles in allem hatte die letzte große Offensive des Ober¬ 
befehlshabers Ost neben dem Besitz der großen Stadt Wilna das 
Ergebnis gehabt, daß die feindliche Gesamtfront nördlich der Rokitno- 
Sümpfe nochmals um 80 Kilometer und damit bis hinter die wichtige Eisen- 
bahnquerverbindung Lida—Dünaburg zurückgedrängt wurde. Die Kampf¬ 
kraft der russischen Truppen war, obgleich sie an Artillerie keine Einbuße 
erlitten hatten, abermals entscheidend geschwächt worden. Besonders aber 
!) Aufzeichnung des Obersten von Waldow. 
2) Aus einer Mitteilung des Generals von Hutier an das Neichsarchiv vom 
Sommer 1931. 
3) Knox, 6.340.
	        
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