10. Armee. Der Angriff auf Kowno.
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Oberkommando und dem Generalkommando Litzmann festgesetzt, daß gegen
die Forts III und II ein zweistündiges Wirkungsschießen durchgeführt
werden solle, dessen Leitung dem inzwischen bei der Armee eingetroffenen
General der Fußartillerie, Generalmajor Schabet, übertragen war. General
Litzmann wollte dann zwischen 11° und 12° mittags den Sturmangriff be¬
fehlen, falls die Divisionen ihn nicht inzwischen schon von selbst begonnen
hätten, überwältigendes Feuer der mittlerweile auf 208 Ge¬
schütze, davon etwa 80 schweres und 10 schwerstes Steilfeuer, angewachsenen
Artillerie, durch Flieger- und Ballonbeobachtung gut geleitet, erschütterte
die Besatzung der russischen Werke und Stellungen völlig. General Litz¬
mann befahl den Sturm. Am 2° nachmittags durchbrachen Truppen der
79. Reserve- und 115. Infanterie-Division die russischen Stellungen zwischen
Fort III und II und nahmen im Anschluß daran beide Forts, während
die Infanterie der 76. Reserve-Division um 645 abends das Fort I stürmte.
Am Abend des 16. August war die gesamte Linie der ständigen Werke
zwischen Iesia und Njemen in deutscher Hand; mehr als 4000 Gefangene
und 52 Geschütze, davon 30 im Feuer genommen, wurden als Beute
gemeldet.
Der Angriff sollte am 17. August gegen die Stadtumwallung und über
den Njemen weitergeführt werden, das Feuer schwerster und schwerer Ge¬
schütze dazu auch gegen Rücken und Flanken der Werke des rechten Iesia-
und Njemen-Asers, Forts IV bis IX, gerichtet werden; der Bahnhof
wurde unter Störungsfeuer gehalten. Schon seit einigen Tagen waren die
Vrückentrains nahe herangeholt worden. Vor allem aber war jetzt im
Norden der Festung die 3. Reserve-Division nebst unterstellter Abteilung
Esebeck im Vorgehen gegen die Wilia. Andererseits veranlaßten Anzeichen
für russische Angriffsabsichten an der Iesia-Front dazu, die Masse der
115. Infanterie-Division hinter dem rechten Flügel des Angriffs wieder als
Reserve zusammenzuziehen.
Am 1020 abends zeigte ein Funkspruch des Kommandanten von Kowno,
Generals Grigoriew, die Größe des bisherigen Erfolges; er lautete: „Wir
sind hinter Njemen zurückgegangen. Verluste ungeheuer. Telegraphische
Verbindung nach Wilna verloren. Front ist offen. Erwarte Direktiven."
General Litzmann gab jetzt nur noch die kurze Weisung: „Ran an den
Njemen und rüber!"
In der Nacht zum 17. August deuteten zahlreiche Sprengungen darauf
hin, daß die Russen Munition, Vorräte und Verkehrsbauten zerstörten.
Trotz der Anspannung der letzten Tage arbeitete sich die deutsche Infanterie
mit Tagesanbruch gegen den Njemen vor, dessen Äser sie um 10^ vor¬
mittags erreichte. Der Gegner hatte die Brücken zerstört, leistete aber keinen
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