Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

Wechsel in der Obersten Heeresleitung. 
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Der Gesamtverlauf der russischen Operationen bis Anfang September 
war ein hartnäckiges Ringen um jeden Fußbreit Voden und Schuh der 
„Räumung" von Gebietsteilen, die schließlich doch aufgegeben werden 
mußten; nichts sollte dem Feinde in die Hände fallen- was ihm für die 
Kriegführung irgendwie dienen konnte. 
Vom ausschließlich militärischen Gesichtspunkte können gegen solche 
Art Kriegführung Bedenken geltend gemacht werden, denn sie verbrauchte 
die Kräfte des Heeres in reiner Abwehr, obgleich der Raum zum Aus¬ 
weichen vorhanden war. Bei rechtzeitiger Zurücknahme der Front konnte 
das russische Heer entscheidendem Zugriff der Mittelmächte so gut wie 
ganz entzogen werden. Auch eine große deutsche Operation nördlich des 
Njemen wäre bei frühzeitigem Aufbau eines starken russischen rechten Flü¬ 
gels wahrscheinlich bald zum Stehen gekommen, da sie durch schlechtere rück¬ 
wärtige Verbindungen allzusehr in Nachteil geraten mußte. Sie hätte 
damit zu rein frontalem Abringen im Stellungskriege geführt, wobei das 
russische Heer als vollgültiger Machtfaktor in starker Abwehrstellung und 
bedrohlicher Nähe der Grenzen Deutschlands erhalten geblieben wäre, bereit, 
zu gegebener Zeit wieder zur großen Offensive vorzubrechen. Das könnte 
jeden Teilerfolg ausgeglichen haben, den die Mittelmächte inzwischen auf 
anderen Kriegsschauplätzen zu erringen imstande gewesen wären. 
Für die Entscheidung der grundlegenden Frage, wie der Krieg im 
großen zu führen sei, waren aber — wie schon eingangs erwähnt — nicht 
militärische Gesichtspunkte allein maßgebend, sondern neben Rücksichten auf 
Wünsche der Westmächte letzten Endes außen- und innenpolitische Verhält¬ 
nisse und damit der Zar und seine Regierung. Cs läßt sich auch nicht ver¬ 
kennen, daß das angewandte Verfahren den ganzen Sommer über sehr 
starke deutsche Kräfte gebunden hat, die bei raschem Rückzüge in die 
Njemen—Bug-Linie für andere Kriegsschauplätze freigeworden wären. Im 
übrigen hat die russische Heerführung die viele Hunderte von Kilometern um¬ 
fassenden Rückzugsbewegungen mit Geschick durchgeführt, und zwar plan¬ 
mäßig in der von ihr selbst bewußt gewählten Richtung mit der Masse durch 
den beengten Raum zwischen Osowiec und den Nokitno-Sümpfen. Versagt 
hat die Widerstandskraft der Truppe aber doch nur deshalb, weil es ihr 
allzusehr an Offizieren, ausgebildetem Ersatz, Waffen und Munition man¬ 
gelte und damit schließlich auch die Moral litt. Es ist bemerkenswert, 
daß die Geschützverluste an die Mittelmächte, abgesehen von dem in den 
Festungen, vor allem in Przemysl, Nowogeorgiewsk und Konnte ange¬ 
häuften unbespannten, vielfach auch unbeweglichen und veralteten Gerät, 
von Mitte Mai bis Ende August insgesamt die Zahl von vielleicht
	        
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