Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß (8. 1932)

Einnahme von Warschau. — Frage der Njemen-Operation. 341 
zum Einsatz gegen Kowno von Generaloberst von Conrad unmittelbar er¬ 
beten und auch zugesichert erhalten hatte, unter Hinweis darauf verhindert, 
daß sie gegen Iwangorod, für den Weichsel-Übergang und für das Vor¬ 
wärtskommen der ö.°u. 4. Armee gebraucht würden. Da das aber eine rein 
österreichisch-ungarische Aufgabe zu sein schien, über die zu entscheiden in 
erster Linie Generaloberst von Conrad berufen war, hielt man diese Be¬ 
gründung beim Oberbefehlshaber Ost für nicht ganz stichhaltig. 
Am 26. Juli wandte sich Generalfeldmarschall von Hinden- 
burg mit folgendem Bericht an den Kaiser: „Euerer Kaiserlichen 
und Königlichen Majestät wage ich in Ehrfurcht und pflichtmäßig 
meine Auffassung der gegenwärtigen Kriegslage alleruntertänigst zu unter¬ 
breiten: Vor den Armeen des Feldmarschalls von Mackensen zieht der Feind 
Kräfte in Richtung Brest Litowsk zurück. Ihr Abtransport ist wahr¬ 
scheinlich, sei es gegen Armee-Gruppe Gallwitz, sei es in Richtung Wilna. 
Die Stoßkraft der Armeen des Feldmarschalls von Mackensen ist scheinbar 
durch die anhaltenden Kämpfe im wesentlichen erschöpft, und damit das Ge¬ 
lingen der von Euerer Majestät befohlenen Operationen in Frage gestellt. 
Die Weichsel ist durch anhaltenden Regen breiter geworden, ein Übergang 
zwischen Iwangorod und Warschau, solange der Feind das rechte üfer 
besetzt hält, meines Erachtens daher nicht mehr ausführbar*). Die Armee- 
Gruppe Gallwitz^) wird noch mehr Gelände gewinnen. Seht aber der Feind 
neue Kräfte gegen sie ein, so wird auch ihre Stoßkraft bald erlahmen, wenn 
sie nicht weiter unmittelbar verstärkt wird. Ist sie dann auch erfolgreich, so 
wird doch ihr Vormarsch nie zur Niederwerfung des feindlichen Heeres 
führen. Sie vermag höchstens, die Russen gegen die Linie Brest Litowst 
Vialystok zurückzudrängen. Damit ist aber die Entscheidung des Krieges 
trotz aller Erfolge noch nicht gewonnen. Der Russe muß viel empfindlicher 
getroffen werden! Dies kann bei der jetzigen Kriegslage nur erreicht 
werden durch eine Verstärkung der 10. Armee, die Wegnahme von Kowno 
und Offensive der 10. und Njemen-Armee gegen die russischen Verbin¬ 
dungen. Diese Operation könnte durch Bereitstellen von Angriffsgerät auf 
Kowno und durch Verstärkung der 10. Armee durch Teile der Armeen des 
Feldmarschalls von Mackensen, der Armee-Abteilung Woyrsch und der 
9. Armee — von dieser aber erst nach Durchführung ihres jetzigen Angriffs 
— in die Wege geleitet werden." 
Als das Schreiben in Pleß einging, war General vonFalkenhayn 
gerade nach dem westlichen Kriegsschauplatz abgereist3). Die Antwort ver¬ 
zögerte sich daher bis zum 30. Juli. An diesem Tage holte der General- 
!) S. 320 und 336. — 2) 6. 325 ff. — 3) S. 100.
	        
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