114 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
i. ms s. Mai. versuchen. Die Dubissa-Linie soll demnächst Basis bilden für den Raid der
Kavallerie-Divisionen in Richtung Wilna. Nach Durchführung der von
Oberster Heeresleitung in Aussicht gestellten Aufstellung der neuen Divi¬
sionen') ist beabsichtigt, Gruppe Lauenstein nach Möglichkeit zu verstärken,
um erneut Offensive zu ergreifen." General vonFalkenhayn antwortete
am nächsten Tage: „Seine Majestät hat befohlen: Entsprechend den Gesichts¬
punkten, unter denen seinerzeit die Überweisung der 3. und bayerischen Kaval¬
lerie-Division erfolgte2), ist als wichtigstes Ziel der Armee-Gruppe Lauen¬
stein die Einwirkung gegen die rückwärtigen Verbindungen des Gegners auf
dem rechten Rjemen-Üfer festzuhalten. Ob sich daneben in zweiter Linie ein
Handstreich gegen das von der Landseite schwer zugängliche Libau empfiehlt,
muß der Erwägung Euerer Exzellenz ausschließlich überlassen bleiben."
Da hierbei die Mitwirkung eines großen Teiles der Flotte in Frage komme,
sei frühzeitige Mitteilung des Beabsichtigten geboten. Hinsichtlich einer
späteren neuen Offensive der dazu zu verstärkenden Gruppe Lauenstein wurde
darauf hingewiesen, daß es bei der schwierigen Gesamtlage^) nicht unbedingt
sicher sei, ob die vom Oberbefehlshaber Ost aufzustellenden neuen Divi¬
sionen ihm auch verbleiben könnten. Cs werde vielmehr angenommen, daß
er außer den Neubildungen möglichst auch Reserven für eigenen Gebrauch
aus der Front herausziehe.
Der frühere russische Kriegshafen Libau war seit dem Jahre
1910 aus der Liste der Festungen gestrichen, hatte aber immer noch Bedeu¬
tung durch seine Lage an Eisenbahn und Straße, seine Hafeneinrichtungen
und, wenn auch veralteten, Werke. Diese wurden durch die natürliche
Stärke des Platzes unterstützt; zwischen Meer und Seen bildeten drei
schmale Engen die einzigen Zugänge zur Stadt. Der Angriff mußte über
teilweise sumpfiges, von Wasserläufen durchzogenes Gelände geführt
werden, so daß ein zäher Verteidiger auch starke Übermacht aufhalten konnte.
Die Besatzung sollte zur Zeit sehr gering sein. Seit der Einnahme von
Schauten war eine wichtige Landverbindung Libaus in deutscher Hand,
deutsche Kriegsschiffe beherrschten die See. So hielt der Oberbefehlshaber
Ost den Augenblick zur Wegnahme des Platzes für besonders günstig; er
glaubte, sie mit geringen Kräften erreichen und damit durch Gewinnung
eines russischen Vahnendpunktes die recht ungünstigen rückwärtigen Ver¬
bindungen der Gruppe Lauenstein verbessern zu können. Auf Anfrage beim
Oberbefehlshaber der Ostsee-Streitkräfte erhielt er dessen Mit¬
wirkung bereitwilligst zugesichert. Der Obersten Heeresleitung meldete er,
0 S. 103. — 2) S. 106 f. — 3) Band VII, S. 419.