Betrachtungen zur Frühjahrsschlacht im Artois.
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Die Hauptlast der erfolgreichen Abwehr hatte die Infan-
t e r i e der im feindlichen Feuer zusammenschmelzenden deutschen Stellungs-
divisionen getragen, die in unerschütterlicher, glänzender Tapferkeit den mit
großer Kraft vorgetragenen Ansturm eines zahlenmäßig weit überlegenen
Gegners immer wieder zum Stehen brachte. Fm weiteren Verlaufe der
Schlacht war es der tatkräftigen und umsichtigen deutschen Führung
gelungen, mit Hilfe schnell herangeführter Verstärkungen aus der gesamten
Westfront das Gleichgewicht der Kräfte wiederherzustellen und die anfangs
bestehende Durchbruchsgefahr zu bannen.
An der Abwehr der feindlichen Angriffe hatte auch die deutsche
Artillerie, insbesondere die schwere Artillerie, einen erheblichen Anteil
gehabt. Infolge der Friedensausrüstung des deutschen Heeres, zum Teil
auch der Festungen, mit modernem Material und des Vorhandenseins
erheblicher, noch verwendbarer Bestände an Gerät älterer Art und zuge¬
höriger Munition hatte die Artois-Front im Laufe der Abwehrkämpfe in
ausreichendem Maße mit schwerer Artillerie ausgestattet werden können.
Während zu Beginn der Schlacht1) ein zahlenmäßiges Verhältnis der
beiderseitigen Artillerien von etwa eins (bei den Deutschen) zu zwei (beim
Gegner) bestanden hatte, war es gegen Ende Mai gelungen, dieses Ver¬
hältnis auf etwa zwei zu drei zu verbessern. Vom 10 em-Kaliber ab auf¬
wärts scheint sogar um diese Zeit, vor allem hinsichtlich der Güte des Mate¬
rials (Schnellfeuergeschütze), eine deutsche Überlegenheit eingetteten zu sein.
Die Munitionszufuhr hatte sich als genügend erwiesen. Die in taktischer
und schießtechnischer Hinsicht hochstehende deutsche schwere Artillerie hatte
in den Kämpfen ihren großen Gefechtswert wiederum bewiesen.
Auch die Eisenbahnen hatten die Abwehr wirkungsvoll unter¬
stützt. Der vom Chef des Feldeisenbahnwesens im Winter 1914/15 durch¬
geführte Ausbau des Eisenbahnnetzes war unter dem Gesichtspunkte erfolgt,
die Unterlegenheit an Zahl auf dem westlichen Kriegsschauplätze durch ope¬
rative Beweglichkeit ausgleichen und auf diese Weise an bedrohten Fronten
die Kräfte schnell verstärken zu können. Der weitere planmäßige Ausbau
der wichtigsten Transportstraßen für vermehrte Leistungsfähigkeit, die
immer straffer werdende Vettiebsführung sowie die Erhöhung der Fahr¬
geschwindigkeit führten bei den Truppenverschiebungen zu einer wesent¬
lichen Steigerung von Schnelligkeit und Pünktlichkeit. Die Zuverlässigkeit,
mit der die geforderten Truppentransporte bewältigt wurden, verstärkte das
Vertrauen in die Leistungen der Eisenbahnen und gestattete der Obersten
Heeresleitung, die Westfront zugunsten der auf dem östlichen Kriegsschau-