Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 2. Der Abschluß der Operationen im Westen und Osten (6. 1929)

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Die ostpreußische Front im November und Dezember. 
^'Und W.^No° standen dort noch in Reserve; auch die von Sjerpez anrückende Brigade war 
noch zu erwarten, und schließlich konnten noch Teile der 2. Kavallerie-Divi- 
sion herangezogen werden. Die Lage war also nach Zahl und Ausstellung 
der deutschen Kräfte keineswegs bedenklich. Anders aber war das Bild 
wenn man den Zustand der eigenen Kräfte in Rechnung stellte. Die einzigen 
aktiven Truppen, die beiden Kavallerie-Divisionen, waren soeben aus dm 
Westen eingetroffen; da sie den Winterbeschlag ihrer Pferde noch nicht 
hatten durchführen können, war ihre Vewegungsfähigkeit behindert. Die 
Graudenzer Truppen aber waren schon durch die vorhergehenden Kämpfe bei 
Soldau so mitgenommen, daß sie ernsten Aufgaben nicht mehr gewachsen 
waren. Angewohnte Anstrengungen bei scharfer Kälte und unregelmäßig« 
Verpflegung hatten die Mannszucht gelockert. Rur besonders erfahrene und 
willensstarke Offiziere und Unteroffiziere hätten die teils aus älteren, teils 
aus kaum ausgebildeten jüngeren Mannschaften zusammengesetzten Ver< 
bände zusammenhalten können. An solchen Offizieren und Unteroffizieren 
aber fehlte es; die Truppe war nicht mehr sicher in der Hand der Führer; 
es kam vor, daß sie — wie es in Kriegstagebüchern heißt —, namentlich 
bei Dunkelheit, einfach auseinanderlief. Solche Truppen wollte General- 
leutnant v. Zaftrow nicht der Gefahr von Rückschlägen aussetzen, die 
schlimmste Folgen haben konnten. Cr sah den Vorstoß nach Süden ohnehin 
nur als einen „Ausfall aus der an die Grenze vorverlegten Festung 
Graudenz" an, um russische Abtransports zu verhindern. Diese Aufgabe 
schien jetzt gelöst zu sein; er hielt es für geboten, den Kampf abzubrechen 
und in der Nacht nordwärts zurückzugehen. Durch nachträglichen Befehl 
billigte Generalleutnant v. Hollen diese Maßnahme. 
Vom Gegner unbelästigt, gingen die deutschen Truppen in der Nacht 
zum 26. November auf der ganzen Front zurück. Generalleutnant 
v. Zaftrow erwartete den feindlichen Angriff in einer Stellung südlich 
Mlawa. Der Gegner folgte aber nicht; Gefangene vom turkeftanifchen Korps 
sagten aus, daß sie schon zum Abtransport verladen gewesen, dann aber 
wieder vorgeführt worden sein. Im übrigen stellte sich heraus, daß die 
Meldung vom Angriff einer russischen Infanterie-Division auf Prasnysch 
die den deutschen Rückzugsentschluß veranlaßt hatte, falsch gewesen war'). 
Am Abend des 26. November wurden General v. Hollen und die 
4. Kavallerie-Division zu anderer Verwendung abberufen^). General¬ 
i) Die Meldung war, vermutlich bei Weitergabe durch den Fernsprecher, entstellt 
worden. Cs hatte sich um einen Angriff von „Kosaken (mindestens eine Division) 
mit zwei Geschützen und etwas Infanterie" gehandelt. 
-) S. 255, 265und 338.
	        
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