Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 2. Der Abschluß der Operationen im Westen und Osten (6. 1929)

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Der Fortgang der Kämpfe in Polen und Galizien. 
angreifen zu können. Der Befehl zur Ausführung der Rückzugsbewegung 
sollte aber abhängig bleiben von der weiteren Entwicklung der Lage. 
ZV.November. Schon am folgenden Tage, dem 30. November, erhob der 
Oberbefehlshaber der Südwestfront, General Iwanow, Einwen¬ 
dungen gegen die Ausführung des Rückzuges, der das Vertrauen im 
eigenen Heere und Volke erschüttern, die tief gesunkene Stimmung der 
Österreicher und Ungarn aber wieder heben werde. Cr bat, die bisherige 
Linie zu halten und suchte diesen Antrag durch eine Reihe von Nachrichten 
zu stützen, die zu dieser Zeit über den Zustand der österreichisch-ungarischen 
Armeen bei Krakau vorlagen. Daß sich dort in den letzten Kämpfe» 
Tausende von Soldaten ergeben hätten, sei ein Zeugnis für den tiefen sitt- 
lichen Verfall jenes Heeres; der Geist der eigenen Truppe aber sei glänzend; 
sie brenne darauf, bei Krakau weiter anzugreifen. Zum Schlüsse wies der 
General wie schon früher^) darauf hin, daß es gelte, zunächst Ästerreich- 
Ungarn ganz niederzuschlagen; dann erst könne man auf Berlin marschieren, 
Der Befehl zur Ausführung des Rückzuges unterblieb zunächst; ob 
und inwieweit der Einspruch des Generals Iwanow dabei mitgewirkt hat, 
steht dahin. Der Großfür st bestimmte aber nunmehr: auch wenn die 
Nordwestfront zurückgenommen werden müsse, solle die Südwestfront stehen 
bleiben und bei Krakau weiter angreifen. Der Anschluß zwischen beiden 
Fronten war dann etwa bei Petrikau, später bei Tomaschow gedacht. (Es 
mußte aber auch verhindert werden, daß die Deutschen noch weitere Kräfte 
vom Westen an die russische Front brachten. 
4. Dezember. Als deutsche West-Truppen in den ersten Dezembertagen beide Flügel 
der bei Lods stehenden russischen Armeen ernstlich bedrängten^), wandte 
man sich auf allen nur möglichen Wegen an Frankreich. Man stellte es 
dabei so dar, als ob der eigene Angriff in Polen noch im Gange sei. Der 
Chef des Generalstabes des Feldheeres drahtete am 4. Dezember an 
den Militär-Attache zum Vortrage bei General Ioffre'): „Das Eingreisen 
der deutschen Verstärkungen muß unbedingt eine äußerst ungünstige Wir- 
kung auf die Entwicklung unseres Angriffs auf dem linken Weichsel°!ljei 
haben und kann den Krieg auch an der Ostfront entscheidungslos gestalten"'), 
1) Bd. V. S. 497. — 2) S. 273 ff. — 3) Walentinow, S. 29 f. — 4) Auch der fr® 
zösische General bei der russischen Obersten Heeresleitung konnte in einem Telegramm 
darauf hinweisen: „Der Großfürst habe den Wunsch, den Stellungskrieg zu 
meiden, er möchte die Offensive fortsetzen" (Walentinow, S. 30). — Dem französische» 
Botschafter in Petersburg ließ der Großfürst allerdings etwas einschränkend mit- 
teilen, daß er zwar trotz der schwierigen Lage bei Lods und Lowitsch „entschlossen sei. 
den Marsch nach Schlesien fortzusetzen, doch sein Generalstabschef, General Ianusch- 
kewitfch, halte ihm die Schwierigkeit des Rachschubes und das Schwinden der 
Truppenstärken vor" (Palelogue, I, S. 224).
	        
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