Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 2. Der Abschluß der Operationen im Westen und Osten (6. 1929)

Die Lage des österreichisch-ungarischen Heeres. 
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schen Provinz Schlesien vor der Front hatte. „Von dort aus", so schrieb 
er nach dem Krieges, „vermochten die Kaiserlichen und Königlichen Armeen 
noch immer mit den deutschen Kräften zusammenzuwirken und einem 
Vordringen des Feindes gegen Wien durch einen von West nach Ost 
geführten Stoß, diesen Grundgedanken meiner Anschauungen, entgegenzu- 
treten." Ein Ausweichen nach Süden auf die Karpaten dagegen konnte dazu 
führen, daß das Heer nach Ungarn abgedrängt wurde. Für die Sicherung 
des geraden Weges von Polen nach Wien, der westlich der Tatra durch 
Schlesien, Mähren und Böhmen führte, durch ein Gebiet, dessen vorwiegend 
tschechische Bevölkerung ohnehin schon Sorge bereitetes, war man dann 
ganz auf deutsche Hilfe angewiesen. Darauf aber wollte es der österreichisch- 
ungarische Feldherr nicht ankommen lassen. Den Gedanken des deutschen 
Oberbefehlshabers Ost, der mit Rücksicht auf die Gesamtoperation gegen 
das russische Heer gerade das Ausweichen auf die Karpaten anempfahl, 
lehnte er mit aller Entschiedenheit ab"), ebenso jeden Vorschlag für gemein- 
samen Oberbefehl, der einem reichsdeutschen General ausschlaggebenden Ein- 
fluß auf die Verwendung des österreichisch-ungarischen Heeres eingeräumt 
hätte4). 
Der grundlegende Gedanke für die weiteren Operationen war, den 
eigenen linken Flügel so zu stärken, daß man mit ihm wieder angreifen, 
zum mindesten aber dem Feinde den Einmarsch nach Mähren und Böhmen 
verwehren konnte; einer Umfassung dieses Flügels sollte mit allen Mitteln 
vorgebeugt werden. Daraus ergab sich die Forderung, daß er dauernd durch 
unmittelbar anschließende deutsche Kräfte gesichert blieb, daß die Heere der 
beiden verbündeten Mächte „Schulter an Schulter" fochten. Daneben aber 
mußte es der österreichisch-ungarischen Heeresleitung darauf ankommen, den 
Voden des eigenen Landes in möglichst weitem Maße zu sichern. Auch die 
augenblicklichen Verhältnisse der Festung Pschemysl sprachen mit, denn auf 
ihre Bestände war für die letzten Kämpfe des Feldheeres in weitgehendem 
Maße zurückgegriffen worden. Jetzt konnte man die Festung nicht ohne 
weiteres sich selbst überlassen; die Operationen hatten sich dem anzupassen; 
die San-Linie mußte zum mindesten so lange gehalten werden, bis Pschemysl 
wieder ausreichend mit Munition und Verpflegung versorgt war, und dieses 
') Conrad V, S. 425. — 2) General v, Conrad berichtete darüber unter dem 
12. November 1914 (Conrad V, S. 474/75): „Aus Wien zurückgekehrt, teilte mir der 
Thronfolger Erzherzog Karl mit, daß in Böhmen -furchtbare« Zustände herrschen 
sollen, die beinahe an Revolution grenzten; das Kriegsgefangenenlager Benatek 
»>äre ein Herd der russophilen Bewegung. Cs war die aufkeimende Saat jahrzehnte- 
langer tschechischer Wühlarbeit." Vgl. ferner S. 304. — --) S. 149 ff. — *) 6. 38 
und 53.
	        
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