Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Mündliche Weisung über d. Füh. d. Operat. an d. Oberkommando der 6. Armee. 65 
v. Moltke ein und äußerte ernste Bedenken gegen den „tropfenweisen 
Einsatz" der Kräfte. Gleichzeitig befürwortete er „ein Absetzen" der 
ihm unterstehenden Truppen. Zu einer weiteren Aussprache hierüber 
kam es jedoch nicht, da General v. Falkenhayn die Besprechung schloß 
unter Betonung der Auffassung, daß alles zu rascher Entscheidung dränge. 
Die Lage sei so gespannt, daß man nicht zögern dürfe, die eintreffenden 
Verbände einzeln und nacheinander einzusetzen. Es handele sich 
um den letzten feindlichen Widerstand, bei dem unter Umständen ein ein- 
zelnes Bataillon den Ausschlag geben könne. Die Truppen müßten nötigen- 
falls selbst „bataillonsweise" in die Schlacht geworfen werden^). Cr gab 
schließlich der „Anweisung für die 6. Armee" folgende endgültige Fassung: 
„6. Armee hat mit den zuerst eintreffenden Teilen (XXI. Armeekorps) etwa 
in der rechten Flanke des Heeres neu auftretende feindliche Abteilungen zu- 
rückzuwerfen und damit die Sicherung der rechten Heeresstanke zu über- 
nehmen. Hauptziel der 6. Armee muß aber immer das sein, möglichst bald 
und mit möglichst starken Kräften, wenn sie auch nacheinander eingesetzt 
werden, die Schlachtentscheidung auf dem rechten Heeresflügel herbeizu- 
führen..." 
Der Beginn der geplanten Operation lag freilich noch in weitem 
Felde. Das XXI. Armeekorps, das auf Bahntransport angewiesen war 
und als erster geschlossener Verband an der Kampffront eintreffen konnte, 
hatte am 18. September, über Trier—Aachen—Lüttich anrollend, mit den 
vordersten Zügen Namur durchfahren^). Es konnte frühestens in drei Tagen, 
also vom 21.September ab, in der Gegend von St. Quentin verwendungs- 
bereit sein"). Das I/) und II. bayerische Armeekorps mußten aus der 
Gegend von Namur durch Fußmarsch herangezogen werden. Die Vor- 
Marschwege der beiden Korps in die Gegend südwestlich von Cambrai 
führten über die Linie Landreeies—Avesnes—Chimay, die am 21. Sep¬ 
tember mit den Anfängen des vordersten Korps erreicht werden sollte. 
Das I. bayerische Armeekorps, dessen Ausladungen südöstlich Namur im 
Laufe des 18. September im wesentlichen beendet wurden und dessen 
Anfänge am Morgen die Maas bei Wspion und Dinant überschritten 
hatten, sollte sich auf den rechten Flügel setzen. Es hatte vor dem II. baye- 
rischen Armeekorps, das mit einem Abstände von mindestens 30 Stunden 
1) General v. Krafft äußert aus seiner Erinnerung über den allgemeinen Verlauf 
der Besprechung, daß es zu einer eingehenderen Erörterung der Meinungsverschieden- 
heiten nicht gekommen sei. Die ganze Besprechung, die nur kurz dauerte, habe sich 
mehr in der Form einer mündlichen Anweisung vollzogen. 
2) „Das deutsche Feldeisenbahnwesen" Band I, S. 120 ff. 
3) Tatsächlich trafen die ersten Transporte bereits am 20. September dort ein. 
4) „Das deutsche Feldeisenbahnwesen" Band I, S. 117 ff.
	        
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