Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Rückblick. 
instrument, das nicht nur durch Zahl, Organisation, Bewaffnung und tech- 
nische Ausrüstung, sondern vor allem auch durch seine Ausbildung und 
seinen inneren Wert selbst gegenüber den an Zahl überlegenen Gegnern zu 
wuchtigen „offensiven Schlägen" befähigt war. Der deutsche Operations- 
plan war nicht mit einem jeden Kriegsinstrument durchführbar. Was Aus- 
bildung und Angriffskraft anbetraf, so befand sich die deutsche Armee von 
1914 auf einer Höhe, die nicht leicht übertroffen werden konnte; auf allen 
anderen Gebieten der Rüstung war jedoch ihr weiterer Ausbau in den 
letzten beiden Jahrzehnten bis zum Ausbruch des ersten Balkankrieges 
zweifellos nicht in dem Maße gefördert worden^), wie es möglich und im 
Hinblick auf den drohenden Weltkrieg nötig gewesen wäre. Die sieber- 
haften Anstrengungen der letzten beiden Jahre vor dem Kriegsausbruch ver¬ 
mochten zwar manche Lücke in der Rüstung der deutschen Armee zu 
schließen, aber das in langen Iahren Versäumte nicht mehr in vollem Maße 
nachzuholen; vor allem war es nicht mehr gelungen, das für Deutschland 
ungünstige Zahlenverhältnis der eigenen Streitkräfte zu den gegnerischen 
so auszugleichen, wie es bei einer stetigen Rüstungspolitik möglich gewesen 
wäre. Hier mußte der im Heere lebende, vor nichts zurückschreckende An- 
g r i f f s g e i st, mit bewußter Einseitigkeit im Frieden großgezogen, den 
Ausgleich schaffen. Dank dem inneren Werte des Heeres standen Opera- 
tionsplan und Kriegsinstrument bei Beginn des Krieges in gesunder 
Wechselbeziehung zueinander. 
Von entscheidender Bedeutung für das Gelingen des deutschen Kriegs- 
planes war es, die Operationen beweglich zu erhalten; ein Festlaufen 
des Angriffs im Stellungskriege schloß rasche Entscheidungen aus; es 
mußte nach Ansicht des Generalobersten v. Moltke^) „dem Heere den 
Schwung und die Initiative nehmen, deren wir um so mehr bedürfen, je 
größer die Zahl der Feinde ist, mit denen wir abzurechnen haben". Die 
Beweglichkeit der Gesamtoperation im Westen glaubte Generaloberst 
v. Moltke nur bei weitem Ausholen des rechten Heeresflügels durch 
Belgien gewährleistet, lediglich hierdurch könne es gelingen, den Gegner 
„im freien Felde zu schlagen". Bei Kriegsausbruch tat dieser den Deutschen 
den Gefallen, seine „Festungsfront" zu verlassen. Als nach beendetem Auf- 
marsch an den beiderseitigen Landesgrenzen die Heere auf allen Fronten 
die Offensive ergriffen, kam es tatsächlich zu dem von Generaloberst 
v. Moltke so heiß erstrebten Zusammenstoß „im freien Felde", bei dem die 
Deutschen auf ihrem die Entscheidung suchenden rechten Heeresflügel eine 
*) Näheres „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft", Band I. 
2) Generaloberst v. Moltke, Denkschrift vom 21.Dezember 1912.
	        
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