Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

V. Rückblick. 
Anfang November 1914 war der erfolgreiche Ausgang des Zwei- 
frontenkrieges ernstlich in Frage gestellt. Die ganze Tragweite der Krise 
ist nur zu ermessen, wenn die Zusammenhänge der Operationen auf den 
verschiedenen Kriegsschauplätzen in ihrer bisherigen Entwicklung und in 
ihren Wechselbeziehungen zueinander klargelegt werden. 
Der Sinn des deutschen Operationsplanes für den Zweifrontenkrieg 
war es, Deutschlands Gegner nacheinander niederzuwerfen. „Das 
ganze Streben Deutschlands", so hieß es in der Denkschrift des General- 
obersten v. Moltke über die militär-politische Lage Deutschlands Ende 
November 1911, „muß darauf gerichtet sein, mit einigen großen Schlägen 
den Krieg wenigstens nach einer Seite hin sobald wie möglich zu be- 
endigen." Eine solche Feldzugsentscheidung konnte am schnellsten und 
sichersten gegen den westlichen Gegner errungen werden; dieser war zudem 
der „stärkere und gefährlichere, gegen den man sich in solcher Lage zunächst 
wenden muß'"). Nach dem w e st l i ch e n Kriegsschauplatz war daher die 
Masse des deutschen Heeres zu überführen; „in dem Kampf gegen Frank- 
reich" lag nach Ansicht des Generalobersten v. Moltke „die E n t s ch e i - 
dung des Krieges^). Dem östlichen Kriegsschauplatz durften nur so viel 
Kräfte zugeteilt werden, als es der Rückenschutz des deutschen Westheeres 
und die Aufgabe der Verteidigung des Grenzgebietes erforderten. Das 
Kräfteverhältnis zwischen beiden Kriegsschauplätzen war etwa 1:8. An 
der Westfront wurden bei Beginn der Operationen rund 89 deutsche Divi- 
sionen gegen 83 französische, englische und belgische eingesetzt, in Ost- 
Preußen 9 deutsche gegen mehr als 39 russische; an der gesamten Ostfront 
standen 69 Divisionen der Mittelmächte gegen 119 russische und serbische3). 
Diese Kräfteverteilung war den besonderen Aufgaben der beiden Kriegs- 
fchauplätze auf das sorgfältigste angepaßt. Sie bedingte im Westen eine 
möglichst rasche Entscheidung und zu ihrer Herbeiführung auch ein Kriegs- 
*) Denkschrift des damaligen Generals der Kavallerie Grafen v. Schlieffen 
vom August 1892 über einen Krieg nach zwei Fronten. 
2) Generaloberst v, Moltke, Denkschrift von 1913 über das „Verhalten Deutsch- 
lands in einem Dreibundkrieg". 
3) Hierbei find nur die aktiven und Reserve-Verbände und auf deutscher Seite 
im Westen die Crsatz-Divisionen in Ansatz gebracht, diese aber in der vollen Zahl, 
die der Führung zur Verfügung stand ohne Rücksicht darauf, ob sie schon an der 
Kampffront eingetroffen waren oder nicht.
	        
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