Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

(Sen. V.Conrad regt Verlegung d. Schwerpunktes d. Kriegführung nach d. Osten an. 555 
Auch im Osten hatte sich gegen Ende Oktober die Lage durch den 
inzwischen notwendig gewordenen Rückzug der deutschen und österreichisch- 
ungarischen Kräfte aus Südpolen erheblich verschärft. Der ganze Ernst der 
Lage war in der Meldung des Generalobersten v. Hindenburg an die Oberste 
Heeresleitung vom 26. Oktober 1° nachmittags über den bevorstehenden Rück- 
zug der 9. Armee1) klar zutage getreten. Die wertvollen Provinzen Schlesien 
und Posen, auch Teile Ostpreußens waren von russischem Einfall bedroht. 
Das oberschlesische Industriegebiet war für die Kriegführung aber ebenso 
unentbehrlich wie die weiten landwirtschaftlichen Anbauflächen dieser östlichen 
Provinzen, auf deren Crtragsüberschuß sich die Ernährung der Gesamtbevöl- 
kerung aufbaute. Ob im weiteren die Widerstandskraft der Donau-Monarchie 
noch ausreichen würde, um das Eindringen der Russen in Böhmen und 
Mähren, in das Gebiet der ohnehin unzuverlässigen Tschechen, zu über- 
dauern, das stand dahin. Der Ernst dieser Lage war zudem nicht ohne 
Einfluß auf die politische Haltung der Balkanstaaten. Die Aussichten für 
eine Beteiligung Bulgariens am Kriege begannen zu schwinden, und die 
Gefahr des Kriegseintritts Rumäniens auf seiten der Alliierten wurde 
wieder drohender, zumal da Königin Maria ihren ganzen Einfluß immer 
leidenschaftlicher hierfür einsetzte. Trotz der Ungunst der allgemeinen Lage 
glaubte General v. Falkenhayn indes an seinem ursprünglichen Ziele fest- 
halten zu müssen, vor einer Umgruppierung stärkerer Kräfte nach dem öst- 
lichen Kriegsschauplatz erst einen entscheidenden Erfolg im Westen zu er- 
ringen. 
Da traf am 27. Oktober ein Telegramm des Generals v. Conrad ein: 
„Nur Folgenschwere jetzigen Moments veranlaßt mich, Euer Exzellenz 
meine Ansicht über Lage mitzuteilen. Glaube, daß durchgreifender Erfolg 
im Westen noch lange Kämpfe bedingen wird, daß jedoch hier im Osten, wo 
Feind seine Überlegenheit von 30 Divisionen energisch einsetzt, rascher Ein- 
sah starker deutscher Kräfte bei 9. Armee günstige dauernde Entscheidung 
bringen und dadurch verhindern würde, daß Feind Weg nach Berlin frei 
bekommt, deutsche 8. Armee isoliert und uns zum Aufgeben bisheriger Cr- 
folge zwingt. Erachte rasches Handeln in diesem Sinne für Gesamtkriegs- 
läge und damit für Schicksal Deutschlands und Osterreich-Ungarns für 
entscheidend." Die Anregung des Generals v. Conrad kam General v. Fal- 
kenhayn in diesem Augenblick wenig gelegen. In der Hoffnung, den öfter- 
reichisch-ungarischen Generalstabschef durch eine mündliche Aussprache für 
seine Auffassung zu gewinnen, schlug er ihm noch am gleichen Tage eine 
Zusammenkunft gemeinsam mit je einem Vertreter der Armee-Oberkom- 
S. 488.
	        
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