Die russischen Operationen gegen Ostpreußen.
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bedeutende Verstärkungen^) mögen mitgewirkt haben. Man entschloß sich,
alle Kraft bei Warschau zu vereinigen.
Am 11. Oktober befahl General Rußki: Der rechte Flügel der
1. Armee solle noch die Gegend von Wirballen erobern, im übrigen habe
sich diese Armee einzugraben, während die 10. Armee in der Nacht zum
12. Oktober sogar zurückgehen und in der bisherigen Stellung nur Nach-
hüten belassen sollte. Die 1. Armee vermochte aber auch die ihr jetzt ge-
stellte beschränkte Aufgabe nicht zu lösen. Bei Wirballen behauptete
General v. Below das Schlachtfeld. Die bewegliche deutsche Abwehr
hatte sich bewährt. Die russische 10. Armee war inzwischen mit ihren
Gros in die Linie 1l) km nördlich Suwalki—Ratfchki—Pissanitzen, mit
dem I. turkestanifchen Korps auf Grajewo—Schtfchutschin zurückgewichen.
Nur das II. kaukasische Korps hatte ganz in seiner bisherigen Stellung
westlich von Suwalki belassen werden müssen, denn es hatte — wie es in
der amtlichen russischen Darstellung heißt^) — zu schwere Verluste erlitten,
um eine Nachhut von genügender Stärke überhaupt ausscheiden zu können.
Am 13. Oktober beauftragte die Oberste Heeresleitung den Ober-13-m °(*
befehlshaber der Nordwestfront mit der Führung des Hauptangriffs über tobcc°
die mittlere Weichsel gegen die deutsche 9. Armee"). Damit wurde
General Nußki von der gegen Ostpreußen zu lösenden Aufgabe abgezogen.
Cr nahm der 10. Armee sofort das I. turkestanische und das VI. Korps, um
die Narew-Gruppe zu verstärken. Die entstehende große Lücke wurde durch
Verschiebungen innerhalb der 10. und 1. Armee erst nach und nach wieder
ausgefüllt. Der Vorstoß des deutschen XXV. Reservekorps gegen Gra-
jewo fand daher nur verhältnismäßig schwachen Widerstand.
Als am 20. Oktober der allgemeine russische Angriff an der
Weichsel begann, sollte auch die Offensive in Ostpreußen wieder auf-
genommen werden. General Rußki beauftragte die inzwischen aus der
1. Armee verstärkte 10. Armee mit der Fortführung des Angriffs in der
bisherigen Richtung. Die Einwände des Generals Siewers, der für Am-
gehung der Mafurifchen Seen-Front im Süden eintrat, wurden abgewiesen.
Auf Drängen der Obersten Heeresleitung wie des Generals Rußki
mußte er den Angriff am 22.Oktober durch Vorgehen gegen das deutsche
XXV. Reservekorps bei Grajewo beginnen. Das inzwischen auf diesen
Flügel verschobene und auf 3l/2 Divisionen verstärkte III. sibirische
Korps drückte die deutschen Deckungstruppen, eine verstärkte Brigade der
öl). Reserve-Division, ohne Schwierigkeit zurück. Beiderseits des Gr. Sel-
*) Vgl. S. 530. — -) Korolkow, Überblick, S. 39. — 8)Vgl, S. 491.
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