8. Armee — Der Entschluß zum Rückzüge.
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geleitet, dessen Erfolg er nun zunächst abwarten wollte. Cr meldete daher
am 1. N o v e m b e r, vor Beendigung dieses Angriffs sei der Abtransport
unmöglich, und erbat nochmals reichliche Munitionszufuhr.
Inzwischen hatte General v. Franczois aber doch begonnen, das Heraus-
ziehen von Teilen seiner Armee einzuleiten. Dabei hoffte er allerdings,
diese Kräfte nicht sofort abgeben zu müssen, sondern dachte, sie wenigstens
fürs erste noch zur Durchführung seiner eigenen Angriffspläne verwenden zu
können. Mit den übrigen Truppen wollte er unter Verkürzung der Front
in einer Art Grenzschutzstellung, angelehnt an Seen und Wasserläufe, zu
„starrer Defensive" übergehen. In der Nacht zum I.November wurde als
erstes das XXV. Reservekorps aus seiner weit vorspringenden Stellung
zurückgenommen. Am 2.November fuhr der Oberbefehlshaber nach
Marggrabowa, um mit den Generalen v. Scheffer, Kofch und v. Morgen
die weiteren Maßnahmen zu besprechen. Nach Aufzeichnungen im Kriegs-
tagebuch des Generalkommandos des I. Armeekorps führte er dabei aus,
der Angriff habe abgebrochen werden müssen, da das XXV. Reservekorps
„versagt" habe'), das Korps Morgen auch nicht mehr vorwärtskomme
und dem I. Armeekorps Munition und Ersatz an Infanteriemannschaften
fehle. Der linke Flügel dieses Korps sei jetzt aus der Romintenschen Heide
mit Umfassung bedroht; 23 Bataillone Reserve und Landwehr hätten in
zweitägigem Kampfe nicht vermocht, sie abzuwehren. Die Widerstands-
kraft der Verschleierungsabteilung des I. Armeekorps am Hantscha-See
reiche — wie von dort gemeldet werde — nur noch bis heute abend. Man
müsse zur Abwehr in engere Aufstellung übergehen, da es nicht möglich sei,
den Angriff fortzusetzen, und da auch stärkere Kräfte für Westpreußen her-
ausgezogen werden müßten. Die künftige Stellung sollte in der allgemeinen
Linie Lyck—Marggrabowa—Stallupönen liegen.
Am Nachmittag des 2. November ging vom neu ernannten Ober-
b e s e h l s h a b e r O st*) folgendes Telegramm ein: „Sofortige Meldung,
wann Abtransport der drei Divisionen beginnt." General v. Frankois
erkannte, daß ihm zu offensiver Verwendung keine Kräfte mehr bleiben
würden, auch nicht vorübergehend. Damit änderte sich die Lage ent-
scheidend.
Noch stand die deutsche 8. Armee trotz aller russischer Übermacht in ziem-
lich geschlossener Front von Lyck bis Wirballen. Auch am Wischtyter See
war es im Laufe des 2. November gelungen, die Lage so weit wiederherzu-
x) Das Korps hatte in etwa 14 Tagen rund 11 500 Mann — seiner Ver¬
pflegungsstärke eingebüßt, davon allein 4500 Mann durch Krankheit; auf die übrigen
>000 Mann entfielen 2500 Vermißte. — 2) Vgl. S. 558.