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Der Feldzug im Osten bis Ende Oktober 1914.
... Um diesen Gegner ganz zu vernichten, rechne ich auf ein Eingreifen der
2.Infanterie-Division. . Statt dessen erhielt er am 3. Oktober
von seinem zum I. Armeekorps entsandten Offizier um 4" vormittags die
Meldung, daß dieses Korps „auf Befehl des Armee-Oberkommandos" den
Rückmarsch von Suwalki nach Westen bereits angetreten habe. Damit
mußte auch General v. Morgen den weiteren Kampf aufgeben. Nach Ve-
stattung der Toten trat er den Rückzug an; seine Truppen hatten 46 Offi.
ziere und 1571 Mann an Toten, Verwundeten und Vermißten verloren.
Beim I. Armeekorps hatte General v. Fran^ois für den
2. Oktober die Fortsetzung des Angriffs auf Augustow befohlen, zur
Ausführung aber war es nicht gekommen. Der Ostflügel der 2. Infanterie-
Division war im Laufe des Tages von starkem Gegner nach Norden zu-
rückgedrängt worden; erst in einer Stellung 5 km südlich Suwalki war es
dem Divisionskommandeur, Generalleutnant v. Falk, gelungen, auf diesem
Flügel die Abwehr neu zu ordnen. Der rechte Flügel hatte sich dagegen
gehalten; ihm hatte der fortschreitende Angriff der 3. Reserve-Division drei
bespannte russische Batterien (18 Geschütze) und mehr als 2000 Mann als
Beute in die Arme getrieben.
Inzwischen war General v. Franeois durch einen Fernspruch vom
Armee-Oberkommando schon um 9° vormittags darauf hingewiesen worden,
er solle sich „auf eine Ausnutzung seines Erfolges südlich Suwalki nicht
einlassen; der Herr Oberbefehlshaber legt mehr Wert darauf, daß das
Armeekorps in gutem Zustande aus dem Kampf gezogen werden kann,
um für neue Aufgaben befähigt zu fein"1). Angesichts der Gesamtlage
seines Korps und des Rückschlages auf dem linken Flügel der 2. Infanterie-
Division, aber noch ohne Kenntnis von den Erfolgen auf deren rechtem
Flügel und beim Korps Morgen, hatte General v. Fran^ois daher bereits
um 330 nachmittags den Abmarsch nach Westen angeordnet. Etwa um
5° rückte die 1. Infanterie-Division ab, in der Rächt folgte die 2.; der
Gegner drängte nicht.
Der Abmarsch des I. Armeekorps ist dem Armee-Oberkommando, ob-
gleich Fernsprechverbindung bestand, nicht gemeldet worden. So erfuhr
General v. Schubert zunächst nichts davon. Cr war noch am 1. Okto-
ber von der Obersten Heeresleitung an den Femsprecher gerufen
worden. General v. Falkenhayn wollte wissen, ob er nicht gegen einen
der russischen Flügel eine umfassende Operation ausführen könne. General
i) Aufzeichnung beim I. Armeekorps. — Generaloberst v. Schubert hat in einer
Zuschrift an das Reichsarchiv vom Frühjahr 1928 bezweifelt, daß dieser Fernspruch
mit seiner Genehmigung gegeben worden sei; jedenfalls habe er nur besorgt, daß
das I. Armeekorps zu weit nach Süden vorstoßen könne.