Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Der Feldzug im Osten bis Ende Oktober 1914. 
wieder wurden ganze Korps, die den Strom schon überschritten hatten, 
zurückgenommen, immer wieder wurde die Verfolgung angehalten, um die 
Front auszurichten. Über die Kämpfe vor Warschau urteilte die russische 
Geschichtschreibung"): „Im ganzen war die Überlegenheit an Zahl auf 
feiten der Russen; gegen Ende des Kampfes betrug sie mehr als das 
Doppelte, aber bei der außergewöhnlichen Aktivität der Deutschen führte 
dieses Mehr an Zahl doch nur zum Gleichgewicht im Kampferfolge." 
Cs ist schwer, sich heute noch ein zutreffendes Vild zu machen von den 
Schwierigkeiten und Gefahren der damaligen Lage der 9. Armee. Hören 
wir, was der Erste Generalstabsoffizier des Oberkommandos am 12. Ok- 
tober inmitten der Kriegshandlung nach Hause schrieb^): „Die Russen haben 
sich mit vier Armeen auf uns geworfen, d. h. sie wollten es. Wir find ihnen 
mit kolossaler Frechheit, von der die Geschichte sprechen wird, zuvor- 
gekommen, haben ihre Vortruppen zurückgeworfen und lassen sie nun nicht 
über die Weichsel... Es war wohl die schwerste Zeit, die ich durchgemacht; 
Tag und Nacht die Aufregung und permanent die Aufregungen und 
Paniken . . . Ludendorff und ich stützen uns gegenseitig ..." — And dann 
am 18. Oktober voll Stolz über das Erreichte: „Cs war die schönste 
Operation unseres Feldzuges." — Und am 29. auf dem Rückzüge: „Vor 
den Russen haben wir keine Angst, und wenn sie wie jetzt in dreifacher Über- 
zahl kommen." 
Die deutsche 9. Armee hatte ihre Kräfte durch Beweglichkeit verviel- 
fältigt. Dabei war sie trotz schlechtester Verbindungen und größter Aus- 
dehnung fest in der Hand der Führung geblieben. Dieser Leistung steht 
gleichwertig die der Truppe gegenüber, die bei Herbstregen in einem Gebiete 
kämpfte, blutete und aushielt, das russischerseits zur Räumung im Kriegsfall 
bestimmt, grundsätzlich in allem vernachlässigt war und daher weder Anter- 
kunft noch Straßen bot. Anerhörte Anstrengungen und Entbehrungen sind 
damals, vor allem von den vor Iwangorod eingesetzten Truppen im tiefen 
Schlamm der Weichsel-Niederung ertragen worden, während sich die 
blutigen Verluste fast überall in erträglichen Grenzen hielten. Insgesamt 
hatte die Armee in vierwöchigem Feldzuge rund 15 000 Mann im Kampfe 
verloren, davon ein reichliches Drittel bei Iwangorod, etwas weniger gegen 
Warschau; sehr hoch aber war infolge der außerordentlichen Anstrengungen 
der Gesamtabgang gewesen^). Der Gegner aber hatte neben seinen blutigen 
Verlusten allein an die deutschen Truppen etwa 20 000 Gefangene und 
60 Geschütze verloren. 
i) Korolkow, Warschau-Iwangorod, S. 146 s. — 2) Hoffmann, Aufzeichnungen l, 
S. 37 ff. — 3) Vgl. S. 489, Anm. über zugeteilten Ersatz.
	        
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