Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Würdigung des Feldzuges gegen die Weichsel. 
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längere Behauptung der Weichsel-Linie unmöglich zu machen. Damit 
fiel demjenigen der verbündeten Heere, das die geringere Stoßkraft besaß, 
die Hauptrolle zu . . Wie gering diese Stoßkraft war, vermochte das 
Oberkommando der deutschen 9. Armee bei Beginn der Operationen aller- 
dings noch nicht voll zu übersehen. Cs war noch voller Hoffnung. 
Als sich die Offensive der Mittelmächte dann um Mitte Oktober auf 
der ganzen Front von den Karpaten bis Warschau festgelaufen hatte, 
während die Russen sich bei dieser Stadt und westlich von ihr immer mehr 
verstärkten, plante die deutsche Armeeführung den Angriff über die untere 
Piliza längs der Weichsel auf Warschau. Das war eine außerordentlich 
kühne Durchbruchsoperation, deren Gelingen auch gegen Ende Oktober die 
Gesamtlage in Polen noch retten konnte. Cs wäre dazu allerdings ein 
Schlag nötig gewesen, der schnell und tief in die feindliche Front 
südlich von Warschau eindrang. Ob die Kräfte auch der reichsdeutschen 
Truppen nach allem, was vorangegangen war, im letzten Oktoberdrittel zu 
solchem Schlage noch ausgereicht hätten, wird sich kaum sicher ent- 
scheiden lassen. Da General v. Conrad die Beteiligung am Angriff nörd- 
lich der Piliza ablehnte, ist er unterblieben. Cs konnte sich seitdem im 
wesentlichen nur noch um hinhaltenden Kampf handeln. Diese Aufgabe 
hat die deutsche 9. Armee vorbildlich gelöst. Cs war nun schon der dritte 
neue Gegner, dem Generaloberst v. Hindenburg immer wieder mit den- 
selben, an Zahl jedesmal unterlegenen, eigenen Truppen gegenüberstand. 
Als dann schließlich die russischen Massen — volle fünf Wochen, nachdem 
ihre große Anfangsoffensive in Galizien zum Abschluß gekommen war — 
zu neuem entscheidenden Stoß antraten, da entzog sich der kecke deutsche 
Angreifer im letzten Augenblick der drohenden Umklammerung und brachte 
durch planmäßige Zerstörung von Straßen und Bahnen die Vorwärts- 
bewegung der übermächtigen russischen Front alsbald wieder zum Stehen. 
Die Russen haben daher den deutschen Rückzug auch keineswegs als die 
Auswirkung einer Niederlage angesehen'). Die beabsichtigte entscheidende 
Operation war ihnen ebensowenig geglückt, wie der kleinen deutschen Armee 
ihr kühner Versuch, den übermächtigen Gegner nachhaltig zu treffen. And 
doch konnte diese Armee stolz sein auf das, was sie einem an Zahl weit 
überlegenen Feinde gegenüber abermals geleistet hattet. 
Der Feldherrnruhm, der die deutschen Führer seit ihren Siegen in 
Ostpreußen umstrahlte, hatte die Aufgabe der deutschen Armee in Polen 
erleichtert. Das zeigte sich in dem fast ängstlichen Verhalten der russischen 
Führung beim Weichsel-Äbergang wie später bei der Verfolgung. Immer 
Danilow, 6.321. — -) Vgl, die Übersicht auf S.550. 
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