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Die Operationen in Frankreich und Belgien.
nach Norden rechnete, am 15. September, 11" abends, noch einmal aus-
drücklich darauf hin, daß der Befehl der Obersten Heeresleitung vom frühen
Morgen des 15. September^), „wonach sich die 1. Armee gefährlicher feind-
licher Flankenwirkung durch Ausweichen in direkt nördlicher Richtung zu ent-
ziehen habe", bestehen bleibe. Gleichzeitig verlangte er klare Meldung über
die Lage in der rechten Flanke der Armee. Generaloberst v. Bülow gab
am 16. September 3^ vormittags diese Weisung an das Armee-Ober-
kommando 1 weiter mit dem Zusatz, daß das IX. Reservekorps nur unter
einer Zwangslage und nur zu dem Zweck der Loslösung der Armee eingesetzt
werden dürfe. Inzwischen hatte aber die Lage an der Front der 1. Armee
eine Entwicklung genommen, die es schwer machte, den Wünschen des
Generals v. Falkenhayn und des Generalobersten v. Bülow noch Rechnung
zu tragen. Das IX. Reservekorps war bereits in den Kampf eingetreten.
Das grundlegende Telegramm der Obersten Heeresleitung vom 15. Sep-
tember 4° vormittags war durch Verzögerung in der Übermittelung erst am
16. September bald nach 9° vormittags, also nach 29 Stunden, beim Armee-
Oberkommando 1 eingetroffen. Generaloberst v. Kluck beantwortete es so-
fort in einem ausführlichen Schreiben:
„Die 1. Armee", so führte er aus, „hat ihre Aufgabe bisher darin gesehen, zur
Deckung der Flanke des Heeres die Aisne-Stellung zu behaupten. Der rechte Flügel
ist bis Gegend Cuts (südöstlich Noyon) zurückgenommen, der linke steht bei und nord-
östlich Vailly. Nach den bisherigen Anordnungen des Armee-Oberkommandos 2
sollte der linke Flügel der 1. Armee mit möglichst starken Kräften in Richtung Fismes
angreifen, um den Erfolg des linken Flügels der 7. Armee auszunutzen. Das
III. Armeekorps ist dementsprechend auf dringendes Ersuchen der 7. Armee unter
Berufung auf den Befehl des Armee-Oberkommandos 2 heute aus Gegend Eonde—
Vailly und nordöstlich im Angriff in Anlehnung an das VII. Refervekorps begriffen.
Auf der ganzen Front der 1. Armee steht starker Feind gegenüber, der abwechselnd
an verschiedenen Punkten angreift. Der zurückgenommene rechte Flügel der Armee
(IX. Armeekorps) ist gestern durch eine Umfassung aus Richtung Compiegne auf Cuts
bedroht worden. Da das der 7.Armee unterstehende IX.Reservekorps bereits von
dieser Armee auf Noyon angesetzt war, so war hierdurch die Möglichkeit gegeben,
die drohende Umfassung durch Zurückwerfen des Feindes zu verhindern. Es sollen
heute IX. Armeekorps und IX. Reservekorps den Feind hier zurückwerfen, dann aber
der rechte Flügel wieder zurückgenommen und IX.Reservekorps, soweit die I.Armee
darüber verfügen kann, nördlich der Oife gestaffelt ausgestellt werden.
Wenn eine klare Meldung der 1. Armee über die Gefährdung der rechten Flanke
des Heeres vermißt wird, so ist zu melden, daß eine solche Klarheit nicht verschafft
werden kann. Kavallerieaufklärung und Luftaufklärung versagten in den letzten
Tagen. Anscheinend ist nur starke französische Kavallerie nördlich der Oise im Anmarsch
(zwei bis drei Divisionen?). Die nördlichste bisher bekannte starke Kolonne aller
Waffen ist die von Compiegne auf Noyon marschierende. Höherer Kavallerie-
kommandeur 2 ist in Richtung Chauny in Marsch gesetzt. Ich bitte um Befehl, ob
i) S. 20.