Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Der Verzicht aus die Narew-Operation. 
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schon beim Erreichen des San den Entschluß reifen, auf jede Verteidigung 
dieser Flußlinie zu verzichten. Am 14. September vormittags drahtete der 
Erzherzog an den Deutschen Kaiser: „Österreichisch-ungarische Armee wird 
angesichts Heranziehens deutscher Kräfte 8. Armee erst dann und dort 
schlagen, wenn Vereinigung mit diesen Kräften gesichert ist. Operation 
über Narew ist jetzt keinesfalls mehr wirksam. Nur Vereinigung in West- 
galizien kommt in Betracht. Ich bitte daher, Abtransport über Krakau je 
eher, je besser Allerhöchst verfügen zu wollen." 
Vermutlich^) etwa gleichzeitig mit dieser Nachricht war im Großen 
Hauptquartier in Luxemburg auch ein Bericht des Generals v. Freytag ein- 
gegangen. Obgleich schon am 10. September, noch vor Beginn des öfter- 
reichisch-ungarischenRückzuges, geschrieben, gab er doch schon eine recht wenig 
zuversichtliche Schilderung vom Zustande des verbündeten Heeres. Dieses 
werde „zu sehr hohen Leistungen aus eigener Kraft nicht auf die Dauer be- 
sähigt bleiben. Deshalb gestattete ich mir gestern" — so hieß es weiter — 
„von mir aus nochmals die unmittelbare Unterstützung des Kaiserlichen und 
Königlichen Heeres in Galizien durch aktive deutsche Truppen, die ihm 
einen starken Rückhalt und frischen Mut zuführen würden, als Wünschens- 
wert zu bezeichnen ..." 
Mit der Drahtung des Erzherzogs war entschieden, daß die Narew- 
Operation für die deutsche Armee in Ostpreußen nicht mehr in Frage 
komme. Die von General v. Conrad gewünschte Verschiebung nach Krakau 
aber hätte die Armee hinter die weichende österreichisch-ungarische Front 
und damit in eine in jeder Hinsicht ungünstige Lage geführt. So entschied 
die deutsche Oberste Heeresleitung am 14. September um l20 nachmittags 
in einer Weisung an das Oberkommando der 8. Armee: „Operation 
über den Narew wird in jetziger Lage der Österreicher nicht für er- 
folgversprechend gehalten. Unmittelbare Unterstützung der Österreicher ist 
politisch erforderlich. Operationen aus Oberschlesien kommen in Frage. 
Zuführung von Truppen aus dem Westen ist nicht beabsichtigt. Äber Zahl 
der in Schlesien zu verwendenden Kräfte folgt noch Bestimmung. Selb- 
ständigkeit der Armee bleibt auch bei gemeinsamer Operation mit den Oster- 
reichern bestehen." 
Angesichts der Lage bei den Bundesgenossen fand man sich bei der 
deutschen 8. Armee, wenn auch innerlich widerstrebend, mit dieser Cnt- 
(Conrad IV, S. 796), „daß wir, falls auf keine deutsche Mithilfe zu rechnen gewesen 
wäre, hinter dem San, geschützt durch Pschemysl, den Feind erwartet und geschlagen 
hätten" — ist damit schwer zu vereinen, enthält aber wohl eine zur Wahrung des 
Ansehens gegenüber dem Bundesgenossen damals für nötig gehaltene Färbung. 
*) Sicheres hat sich nicht feststellen lassen.
	        
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