Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

General v, Falkenhayn beschließt, das Heer nicht weiter zurückzunehmen. 21 
Frist in Aussicht. Gegen Mittag empfing General v. Falkenhayn den in 
der Frühe des 15. September von seiner Frontfahrt zurückgekehrten^) Chef 
der Operationsabteilung, Oberst Tappen, zum Vortrage. Dieser gab eine 
zuversichtliche Schilderung der Lage an der Westfront. Auch bei der 
1. Armee konnte die Gefahr zur Zeit als gebannt angesehen werden. An- 
scheinend waren die Franzosen und Engländer ziemlich „am Ende ihrer 
Kraft". Sie hatten nach seiner Ansicht „den Vogen überspannt". Im 
Anschluß an diese Ausführungen entwickelte er dem General v. Falkenhayn 
den am Abend des 14. September in Witry les Reims mit Generaloberst 
v. Vülow verabredeten neuen Angriffsplan'). Die Offensive sollte mit 
Hilfe der drei aus der Heeresmitte herausgezogenen und im Anmarsch nach 
dem rechten Flügel der 2. Armee befindlichen Korps in den nächsten Tagen 
fortgesetzt werden; die 7. Armee und der linke Flügel der 1. hatten sich daran 
zu beteiligen. An diese im Räume von Soissons—Fismes—Reims 
geplante Offensive knüpften sich weitreichende Hoffnungen auf einen 5lm° 
fchwung der Lage. Aus ihr follte sich die Wiederaufnahme der Gesamt- 
offensive des Westheeres entwickeln. General v. Falkenhayn setzte nunmehr 
Oberst Tappen von seinem in der Nacht entworfenen Operationsplan in 
Kenntnis. Gegen diesen sprach sich Oberst Tappen mit großer Bestimmt- 
heit aus"). Cr vertrat die Auffassung, daß die der Lage entsprechenden not- 
wendigen Anordnungen bereits getroffen seien, und daß es nicht zweckmäßig 
wäre, durch abändernde Befehle neue Unruhe in die Truppe hineinzutragen. 
Man müsse zunächst einmal das Ergebnis der Offensive bei der Gruppe 
Vülow abwarten. Ein weiteres Zurückgehen des rechten Heeresflügels 
werde jetzt, nachdem die Krise eben überwunden sei, von der Truppe nicht 
verstanden werden. Ob sie den seelischen Auswirkungen eines neuen Rück- 
zuges bei dem Mangel an Offizieren und dem schwachen Mannschaftsstande 
noch gewachsen sein und dann noch die Kraft in sich finden werde, die 
Offensive wieder aufzunehmen, sei zweifelhaft. Vom operativen Gesichts- 
Punkt aus müsse es bedenklich erscheinen, die mit Mühe geschlossene Lücke 
zwischen der 1. und 2. Armee durch den geplanten exzentrischen Rückzug von 
neuem aufzureißen. Lasse man den Feind jetzt los, so gewinne dieser in noch 
höherem Maße operative Freiheit, als es schon der Fall sei. Anter Aus- 
nutzung seines vortrefflichen und unbeschädigten Bahnnetzes könne er 
i) Band IV. S. 480. 
-) Band IV. S. 479/480. 
3) Nach schriftlichen Mitteilungen des Generalleutnants a. D. Tappen an das 
Reichsarchiv vom 2. März 1925. die seinen Aktenvermerk vom 16. September 1914: 
„Ich habe mich gegen diese Operation ausgesprochen" erläutern.
	        
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