Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Der Angriff der 4. Armee stockt am 22.Oktober. 
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etwas zurückgenommen worden, konnte aber am Morgen die alten Stellungen 
wieder besetzen. In der Truppe herrschte lebhafte Unruhe. Man be- 
fürchtete einen feindlichen Durchbruch längs der Chaussee Z)pern—Menin, 
und es war für die oberen Kommandostellen bereits schwierig, gegenüber den 
sich mehrenden Zeichen der Unsicherheit, den Angriffswillen aufrechtzu¬ 
erhalten. Nennenswerte Fortschritte konnten nicht erzielt werden. 
Die Zeichen des Crmattens und einer gewissen Lockerung der Kampf- 
disziplin waren heute bei den neuen Korps noch deutlicher in Erscheinung 
getreten als am gestrigen Tage. Uber die schweren Kämpfe berichtet das 
Kriegstagebuch des XXIII. Reservekorps: „Cs fehlte an Führern, die 
einzelnen Splitter zu neuen Verbänden zusammenzufassen. Die Truppe 
war entnervt. Das tagelange Vorgehen gegen einen unsichtbaren zähen 
Feind, die starken Verluste ... das mangelhafte Zusammenarbeiten zwischen 
Infanterie und Artillerie — das alles legte sich lähmend auf die unerfahrene 
junge Truppe." Die Befürchtung, daß auch diese Offensive im Stellungs- 
Kiege erstarren werde, mehrte sich. Das Armee-Oberkommando 4 setzte alle 
Hoffnungen auf das Vorwärtskommen des III. und XXII. Reservekorps 
über die Äser. Gelang es, den Ubergang zu erzwingen, so war zu hoffen, 
daß die erschütterte und geschwächte belgische Armee dem deutschen An- 
griff nicht mehr standhalten würde. 
Das Armee-Oberkommando 6 setzte auf Wunsch der Obersten Heeres- 
leitung seine letzte Reserve, das 2. Kavalleriekorps, ein, um dem linken 
Flügel der 4. Armee vorwärts zu helfen. General v. der Marwitz übernahm 
den Befehl über die gesamte Kavallerie, im ganzen acht Kavallerie-Divi- 
sionen. Cr ordnete an, daß die 3., 7. und bayerische Kavallerie-Division 
unter General v. Stetten im Einvernehmen mit dem XXVII. Reservekorps 
nach Norden vorgehen, die 6., 9., 4. und Garde-Kavallerie-Division unter 
General v. Hollen den Feind bei Messines sesieln und im übrigen versuchen 
sollten, das XIX. Armeekorps zu unterstützen. Es fehlte indessen der 
Kavallerie an Stoßkraft und vor allem auch an ausreichender Artillerie, um 
die starken feindlichen Stellungen mit Aussicht auf nachhaltigen Erfolg an- 
zugreifen. Beim XIX. und XIII. Armeekorps sowie beim I. bayerischen 
Reservekorps blieb die Lage unverändert, nur der linke Flügel des 
XIII. Armeekorps und die 14. Infanterie-Division konnten Erfolge er- 
ringen. Der Hinweis der Obersten Heeresleitung vom Abend des 21. Oktober, 
daß von der Offensive der 6. Armee am 22. Oktober voraussichtlich die Ent- 
scheidung des Feldzuges abhänge, hatte beim Armee-Oberkommando 6 tiefen 
Eindruck hinterlassen. Cs entnahm aus ihr die Bestätigung seiner eigenen 
Auffassung, daß die Reservekorps der 4. Armee der schweren Aufgabe, die 
ihnen zugemutet wurde, nicht gewachsen seien, und daß ihr Angriff sich fest-
	        
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